Maryam Poya

Iran 1979

Lang lebe die Revolution! …
Lang lebe der Islam?

(Juli 1987)


Maryam Poya, Iran 1979 – Long live Revolution! … Long live Islam? in Colin Barker (Hrsg.): Revolutionary Rehearsals, London 1987, S. 123–168 u. 259–261.
Aus dem Englischen von David Paenson.
Überarbeitet August 2009 von Rosemarie Nünning.
HTML-Markierung von Einde O’Callaghan für REDS – Die Roten.


[Einleitung]

Die iranische Opposition

Die revolutionäre Flut

Der Kampf spitzt sich zu

Der Schah verlässt das Land

Die Entstehung der Arbeiterschoras

Der Kampf der Arbeitslosen

Die islamische Reaktion

Die Besetzung der US-amerikanischen Botschaft

Schlussfolgerungen

Der Sieg der Revolution im Iran im Februar 1979 war das Ergebnis jahrelanger Kämpfe der Arbeiter, der Frauen und der nationalen Minderheiten gegen das Unterdrückungsregime des Schahs. Diese Kämpfe reichten von friedlichen Demonstrationen bis hin zu bewaffneten Konfrontationen, von spontanen Sitzstreiks zu organisierten Ausständen, von kleinen Versammlungen bis zu Massendemonstrationen. Schließlich waren es der Streik der Ölarbeiter von 1978 und der darauffolgende Generalstreik, die entscheidend zum Sturz des Regimes beitrugen.

Ein verhasstes Unterdrückungsregime kann verhältnismäßig leicht von einer allgemeinen Erhebung gestürzt werden. Eine weitaus schwierigere Aufgabe für die Volksbewegung ist allerdings die Schaffung eines neuen politischen und sozialen Systems, das ihren Bedürfnissen entspricht. Der tragische Ausgang der iranischen Revolution bestand in der Unterjochung der Bevölkerung unter eine neue Herrschaftsform unter der Fahne der „Islamischen Republik“. Die Ereignisse im Iran zeigen gleichzeitig sowohl die große potenzielle Macht der Arbeiterklasse wie auch die schrecklichen Folgen, wenn eine revolutionäre Arbeiterbewegung nicht die erforderliche sozialistische Organisation besitzt.

Die Kräfte, die den Schah stürzten, waren das Produkt der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus im Iran des 20. Jahrhunderts. Wenn die historische Aufgabe des Kapitals zur Entwicklung der Produktivkräfte im internationalen Maßstab die Form des Imperialismus annimmt, verläuft dieser Prozess zwangsläufig ungleichmäßig und widerspruchsvoll. Im Iran führte diese Entwicklung zu einer Stärkung des Staatsapparats.

Der iranische Staat hat eine Schlüsselrolle bei der Kapitalakkumulation gespielt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzte die systematische aber ungleichmäßige Integration der iranischen Bauernwirtschaft in die kapitalistische Weltwirtschaft ein. Zu jener Zeit kontrollierten der Schah und die Mitglieder der kaiserlichen Familie zusammen mit Regierungsbeamten, Stammesführern und prominenten Mitgliedern des islamischen Klerus 55 Prozent des bebauten Lands im Iran, obwohl sie nur 25 Prozent der Landbesitzer ausmachten. Die Zentralregierung war schwach. Die Besitzer großer Landgüter verfügten über beträchtliche politische Macht und führten die wichtigsten Regierungsgeschäfte. Eine Ausdehnung des Kapitalismus erforderte eine Veränderung der Staatsform: Ein zentralisierterer Staat musste geschaffen werden, der für die iranischen herrschenden Klassen die Bedingungen für die Kapitalakkumulation in Zusammenarbeit mit dem internationalen Kapital herstellte. [1]

Die Einführung der Verfassung in den Jahren 1905/06 begann als Protest gegen die Schwäche des Schahs und die Beherrschung der wirtschaftlichen Ressourcen des Irans durch Großbritannien und Russland. Die Medschlis, die erste Nationalversammlung des Irans, trat 1906 zusammen. Sie schaffte die traditionelle Landzuteilung ab, führte ein modernes Steuersystem ein und entzog den Landherren und der Geistlichkeit ihre Regierungsfunktionen. Das Herz der neuen Zentralmacht wurde die Schahmonarchie. [2]

Während des gesamten 20. Jahrhunderts war die Entwicklung des Irans untrennbar mit dem Öl verbunden. Anfänglich kam die wachsende Flut der Ölprofite überwiegend den westlichen kapitalistischen Unternehmen, in erster Linie der im Jahr 1909 gegründeten britischen Anglo-Persischen Ölgesellschaft (APOC, heute Britisch Petroleum, BP) zugute. Bis 1951, als das iranische Öl verstaatlicht wurde, hatte APOC 700 bis 800 Millionen Englische Pfund für Großbritannien eingebracht, aber nur 105 Millionen für den Iran. [3] Nur der geringste Teil des Reichtums jener Gesellschaft floss den Ölarbeitern zu. Ihre Löhne reichten gerade für das Allernötigste. Die Ölgesellschaft begegnete Streiks und jedem sonstigen Widerstand mit rücksichtsloser Härte, wozu sie ihre eigenen Polizeikräfte einsetzte.

Der iranische Staat war ein Vasall des britischen Imperialismus. Von 1921 bis zum Zweiten Weltkrieg unterdrückte die Regierung Resa Schahs systematisch und mit äußerster Brutalität jede Aktivität der Gewerkschaften, der nationalen Minderheiten und aller oppositionellen Gruppierungen – seien sie von Kommunisten, von liberalen Nationalisten oder vom muslimischen Klerus initiiert worden. Gleichzeitig förderte das Regime eine ausgedehnte Entwicklung der Infrastruktur in Gestalt von Straßen, Hafenanlagen und Eisenbahnen zur Unterstützung der Ölindustrie. Eine Anzahl moderner Industrieanlagen wurden gebaut, und die Arbeiterklasse entwickelte sich im Gleichschritt. Der Schah konfiszierte Land von den Großgrundbesitzern und wurde somit selbst zum größten nationalen Gutsherrn. [4]

Angesichts der deutschlandfreundlichen Politik Resa Schahs während des Zweiten Weltkriegs wurde der Iran von Großbritannien und Russland „vorsichtshalber“ besetzt. Sie zwangen Resa Schah zum Rücktritt und setzten seinen zuverlässigeren Sohn Mohammed Resa an seine Stelle. Der neue Schah setzte die wirtschaftliche Entwicklung fort. Aber nach dem Krieg verstärkte sich die nationale Abneigung gegen die ausländische Kontrolle der Ölindustrie. Im Jahr 1947 gründeten der nationalistische Führer Dr. Mohammed Mossadegh und seine Anhänger die Nationale Front, die an die Macht gelangte und die iranische Ölindustrie verstaatlichte. Die internationalen Ölgesellschaften reagierten mit der Organisierung eines Boykotts von iranischem Öl.

Während der nächsten beiden Jahr streikten und demonstrierten die Arbeiter für weitere ökonomische und politische Veränderungen. Die an Russland angelehnte Tudeh-Partei bemühte sich im Bund mit der Nationalen Front, die revolutionäre Stimmung unter der Arbeiterschaft zu entschärfen. Im August 1953 unternahm die Kaiserliche Garde des Schahs einen Staatsstreich, der aber von loyalen Armeeoffizieren und Soldaten vereitelt wurde.

Angesichts der Demonstrationen der Bevölkerung für eine vollständige Säuberung des iranischen Staatsapparats machte Mossadegh einen Rückzieher und rief die Armee zur Hilfe, um die Straßen zu räumen und Gesetz und Ordnung wiederherzustellen. Auf diese Weise wurden gerade jene Kräfte nach Hause geschickt, die die Regierung Mossadeghs hätten retten können. Innerhalb von Tagen wurde sie dann durch einen vom amerikanischen CIA mit Hilfe des britischen Geheimdiensts inszenierten Putsch gestürzt. Die Ölgesellschaften hatten wieder freien Zugang zu den iranischen Vorräten, diesmal allerdings war das britische Monopol gebrochen. Nun schloss ein internationales Ölkonsortium ein neues Abkommen mit dem wieder eingesetzten Schah: Der Anteil des iranischen Staats an den Öleinkünften stieg jetzt von 16 auf 50 Prozent; von dem Rest gingen 20 Prozent an US-Gesellschaften, 20 Prozent an British Petroleum und die restlichen 10 Prozent an mehrere kleinere Gesellschaften.

Unter Hinzuziehung US-amerikanischer Berater und mit beträchtlicher Hilfe der USA wurde in den Jahren 1953 bis 1963 eine neue Militärdiktatur unter dem Schah aufgebaut. Die Armee schwoll von 120.000 auf über 200.000 Mann an, und der Militärhaushalt stieg von 80 Millionen US-Dollar im Jahr 1953 auf fast 183 Millionen US-Dollar zehn Jahre später.

Nur ein Bruchteil des immens angewachsenen Reichtums des Regimes kam der Bevölkerung zugute. Noch im Jahr 1960 verfügten nur 13 Prozent aller iranischen Dörfer über eine Schule, und nur 1 Prozent über gewisse medizinische Einrichtungen, 80 Prozent der Bevölkerung waren nach wie vor Analphabeten. Die Preise waren stark angestiegen, was den Schah allerdings nicht davon abhielt, weiterhin 40 bis 50 Prozent seines Haushalts für das Militär auszugeben.

Anfang der 1960er Jahre setzte allerdings eine ernsthafte Wirtschaftskrise ein. Wegen der hohen Auslandsverschuldung waren die Fremdwährungsreserven weitgehend erschöpft, sodass die iranische Regierung den Internationalen Währungsfonds und auch die US-amerikanische Regierung um Nothilfe bitten musste. Die Wirtschaftskrise wurde durch den Aufschwung der Opposition im Land noch verschärft. Die Streikstatistiken zeigten deutlich nach oben: In den Jahren 1955 bis 1957 hatte es nur drei größere Streiks gegeben, in den folgenden vier Jahren stieg diese Zahl auf über zwanzig. Einige Streiks endeten mit blutigen Zusammenstößen zwischen Arbeitern und Regime. Und der Widerstand breitete sich auch auf andere Bereiche aus. Im Jahr 1962 kam es zu riesigen Studentendemonstrationen und Universitätsbesetzungen. Hunderte wurden verletzt, und es gab zahlreiche Tote, als die Schahtruppen die Teheraner Universität stürmten. Im Juni 1963, nach mehreren Tagen von Straßenkämpfen in der Hauptstadt, befahl der Schah seinen Truppen, gezielt auf Menschen zu schießen. Tausende wurden getötet.

Angesichts dieser Krise leitete die Schahregierung ein großangelegtes Reformprogramm von oben ein, die „Weiße Revolution des Schahs und des Volks“. Die „Weiße Revolution“ veränderte das Gesicht des Irans. Das Hauptziel bestand in der Schaffung einer stabilen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Basis für das Regime. Das gewählte Mittel war die Förderung zweier wichtiger Gesellschaftsgruppierungen, die beide ein Interesse an der Stabilität des Schahregimes haben mussten: die mittelständischen kapitalistischen Landwirte und das ausgedehnte Heer der Kleinbürger im Staatsdienst in den Städten. Diese Anstrengungen wurden begleitet von einer Umgestaltung des Staatsapparats, um die Entwicklung eines Gesundheits- und Erziehungswesens zu ermöglichen. Einige Gesten des „guten Willens“ in Richtung politische und kulturelle „Modernisierung“ wurden unternommen: Iranische Frauen erhielten das Wahlrecht zum iranischen Parlament, ein System der Gewinnbeteiligung für Industriearbeiter wurde eingeführt, ländliche Gerichte wurden reformiert. [5]

Die Mittelschicht der Basaris ging bei dieser Umgestaltung leer aus. Ihre gesellschaftliche Stellung war seit eh und je durch das Muster der kapitalistischen Entwicklung im Iran bedroht gewesen, sei es staatlicherseits oder durch das internationale Kapital. Sie strebten nach Wiedereinführung der religiösen Macht und Tradition und blieben in stetiger Opposition zum Staat, bis ihre Vertretung, die islamische Geistlichkeit, im Jahr 1979 an die Macht kam. Die von oben angeordnete „Weiße Revolution“ hatte die Interessen der traditionalistischen Bevölkerung nicht ausreichend berücksichtigt, und die Opposition in diesen Kreisen gegen das Regime schwoll jetzt an.

Auf dem Land wurden die großen, vorkapitalistischen Landgüter aufgeteilt. Kapitalistische Produktionsverhältnisse erhielten einen mächtigen Schub durch die Einführung von Pachten, Anleihen und Schuldbriefen. Reiche Bauern bekamen Zugang zu Kapital, womit sie den Sprung zur kapitalistischen Landwirtschaft schaffen, Lohnarbeiter einstellen und für den nationalen Markt produzieren konnten. Auf diese Weise brach die Landreform die Macht der Großgrundbesitzer und schuf eine neue Schicht landbesitzender Bauern.

Auf dem Land entstand eine neue Klassenaufteilung. Ganz oben konnten die übriggebliebenen alten Gutsherren, bereichert durch die Entschädigung für die Landreform, ihre kleiner gewordenen, aber immer noch beträchtlichen Ländereien modernisieren. Neben ihnen gab es rein kapitalistische Unternehmer, die industrielle Landwirtschaft betrieben, sowie eine Anzahl reicherer Bauern, die zu mittelständischen kapitalistischen Bauern wurden. Darunter gab es eine beträchtliche Anzahl von Kleinbauern, die an ihrer Scholle festhielten und kaum über den Nahrungsbedarf der eigenen Familien hinaus produzierten. Diese träumten davon, eines Tages erfolgreiche Bauern zu werden, mussten aber ständig mit der gespenstischen Vorstellung leben, auf der sozialen Stufenleiter weiter abzurutschen. Unter ihnen gab es dann die stark anschwellende Klasse der „armen Bauern“, die in Wahrheit nichts anderes als landlose Tagelöhner waren. Das mit der Landreform verbundene Ziel, die Nahrungsmittelproduktion zu verbessern oder die Armut auf dem Land zu beseitigen, wurde nicht erreicht. Seit Beginn der 1960er Jahre wuchs die landwirtschaftliche Produktion jährlich um 2,5 bis 3 Prozent, also weit geringer als die Rate des Bevölkerungszuwachses. Als Folge kam es zu einem steilen Anstieg der Nahrungsmittelimporte: Im Jahr 1977 betrugen sie bereits 2,6 Milliarden US-Dollar, die aus den Öleinkünften gedeckt wurden. [6]

Im Laufe der 1970er Jahre wanderte rund eine Million dieser landlosen Bauern in die Städte auf der Suche nach der dort im Aufbau befindlichen „großen Zivilisation“, von der sie im Radio gehört hatten. Einmal in den Städten angelangt, konnten die meisten jedoch keine regelmäßige Arbeit finden und wechselten ständig zwischen Gelegenheitsarbeit und Arbeitslosigkeit. In den Armenvierteln und Wellblechstädten ihr Leben fristend, empfand die überwältigende Mehrheit ein tiefes Gefühl der Wurzellosigkeit und Entfremdung. Ihnen fehlte die materielle Basis, eine positive Beziehung zum städtischen Milieu zu entwickeln. Deshalb konnten sie ihre Vergangenheit und ihre Wurzeln in der „Idiotie des ländlichen Lebens“ nicht abwerfen.

Die „Weiße Revolution“ wurde ab Mitte der 1960er Jahre von einer ziemlich raschen wirtschaftlichen Expansion begleitet. Die Rolle des Staats bei der Kapitalbildung gewann an Bedeutung. Gleichzeitig gab der Schah erhebliche Mittel für das Militär und die Staatsbürokratie aus, um die Gesellschaft zu festigen.

Anfang der 1970er Jahren trat der Iran der Organisation erdölproduzierender Länder (OPEC) bei und erlangte dadurch zusammen mit anderen Ölproduzenten eine gewisse Macht über die Ölindustrie. Als die OPEC nach 1973 die Ölpreise um das Fünffache anhob, vervielfachten sich auch die iranischen Öleinnahmen. Im Jahr 1963/64 hatten sie 555 Millionen US-Dollar betragen, im Jahr 1975/76 betrugen sie beinahe 20 Milliarden US-Dollar.

Dieser immense Zuwachs bei den Öleinkommen nährte eine weitere Wachstumsphase der iranischen Industrie und stärkte die Stellung des Staats unter dem Schah. Auf dem Höhepunkt des Ölbooms machte die Industrieproduktion 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts des Irans aus und 20 Prozent aller Lohnabhängigen waren dort beschäftigt.

Die wichtigsten Entwicklungssektoren waren Textil-, Bau- und Stahlindustrie, Petrochemie und Kunststoffproduktion, Fahrzeugbau, Bergbau (Kupfer und Aluminium), Nahrungsmittelindustrie und Montageindustrie im Konsumgüterbereich.

Drei Hauptfaktoren spielten zusammen bei der Kapitalbildung im Iran: der Staat, das iranische Privatkapital und das Auslandskapital. Als Beispiel für die relative Gewichtung dieser drei Faktoren kann der Fünfjahresplan von 1973 bis 1978 dienen. Er sah staatliche Investitionen in Höhe von 46,2 Milliarden US-Dollar, private einheimische Kapitalinvestitionen in Höhe von 23,4 Milliarden US-Dollar und Auslandskapitaleinfuhren in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar vor [7] .

Der iranische Staat war als Empfänger der Öleinkünfte schon immer der Hauptmotor des industriellen Wachstums gewesen und hatte selbst bedeutende Direktinvestitionen in der Industrie getätigt. Im Jahr 1975 kamen volle 60 Prozent aller industriellen Investitionen aus staatlichen Quellen. Ferner stellte der Staat über seine Krediteinrichtungen auch dem Privatsektor Gelder zur Verfügung. Auf diese Weise förderte die Regierung in bedeutendem Ausmaß die Entwicklung einer einheimischen iranischen Bourgeoisie, die zwar von den Früchten der Industrialisierung profitierte, aber von staatlichen Zuwendungen abhängig blieb und sich deshalb der staatlichen Politik unterordnen musste.

Mitte der 1970er Jahre gab es mehr als 200 Auslandsfirmen, die im Iran investierten. Anfänglich waren die US-Amerikaner mit insgesamt 43 investierenden Firmen im Jahr 1974 die größte Gruppe, aber im Zuge des Ölbooms wurden die USA durch das japanische Kapital überholt. Im Jahr 1975/76 gingen 43 Prozent aller Auslandsinvestitionen auf das Konto Japans, der größte Teil davon floss in kapitalintensive petrochemische Projekte. [8]

Iranische und ausländische Investoren profitierten beide in erheblichem Maße von dem rapiden industriellen Wachstum. Sowohl die iranischen Exporte von Fertigwaren als auch seine Importe von Industrieausrüstungen stiegen an. Die steigende Konsumkraft der höheren Berufsstände und bis zu gewissem Grad auch der Arbeiterklasse führten zu einer Erweiterung des Binnenmarkts, was wiederum eine Wachstumsgrundlage für die einheimische iranische Bourgeoisie bot.

Sowohl das Wachstum der Industrie als auch die Ausdehnung des zivilen Sektors des Staatsapparats förderten die Entwicklung einer modernen, gebildeten Mittelschicht. Die Staatsbürokratie beschäftigte zum Schluss 304.000 Beamte. [9] Noch bedeutender war das beträchtliche zahlenmäßige Wachstum der Arbeiter in der Industrie und auf dem Bau. Die Zahl der Arbeiter im produzierenden Gewerbe zum Zeitpunkt der Revolution von 1979 wird auf 2,5 Millionen geschätzt (wobei allerdings nur 30 Prozent in Industrieanlagen von halbwegs bedeutender Größe arbeiteten), während im Dienstleistungsbereich (öffentliche Ämter, Erziehungs-, Gesundheits- und Kommunikationswesen, Elektrizitäts- und Gaswirtschaft) weitere drei Millionen beschäftigt waren. [10] Die meisten größeren Firmen gehörten dem öffentlichen Sektor an. Das industrielle Wachstum stärkte die Verhandlungsposition insbesondere der Facharbeiter, die den Arbeitskräftemangel auszunutzen imstande waren und ihre Löhne um 30 bis 50 Prozent jährlich nach oben treiben konnten. [11] Die moderne Arbeiterklasse war zu einem entscheidenden Machtfaktor in der iranischen Gesellschaft herangewachsen.

Die Modernisierung der Industrie wurde jedoch gleichzeitig durch den Ausbau der staatlichen Unterdrückungsmaschinerie begleitet. Die Öleinkünfte wurden nicht nur verwendet, um die Industrialisierung zu finanzieren, sondern auch die erweiterte Schahdiktatur. Die politische Opposition wurde brutal unterdrückt, und der einheimische Konsum den hohen Profiten und der hohen Ausbeutungsrate untergeordnet.

Die riesigen Öleinkommen des Schahs dienten der Stärkung seiner eisernen Zwangsherrschaft über die iranische Gesellschaft. Der Iran der 1970er Jahre rückte zum weltweit größten Waffenimporteur auf, gleichzeitig wurde die Abhängigkeit des Staats von den USA noch verstärkt. Im Jahr 1973 baute die CIA ihr Hauptquartier für den Nahen- und Mittleren Osten in Teheran auf. Die Zahl der amerikanischen „Militärberater“ erreichte 24.000, für 1980 waren 60.000 geplant.

Der ohnehin sehr ausgedehnte Unterdrückungsapparat des Schahs wurde weiter ausgebaut. Der Sawak, jener berüchtigte Geheimdienst des Irans, wurde auf über 5.300 Vollzeitagenten aufgestockt, dazu kam eine größere, nicht näher bekannte Zahl bezahlter Spitzel. Die politischen Parteien wurden 1975 aufgelöst, als der Schah das Einparteiensystem um seine neugegründete Auferstehungspartei verkündete. In den Betrieben waren nur Staatsgewerkschaften zugelassen, die unter Aufsicht des Sawak standen, in den meisten großen Fabriken unterhielt der Sawak gar eigene Büros. Es war ein Zustand des offenen staatlichen Terrors. Die Diktatur des Schahs begegnete jeder politischen Herausforderung mit äußerst brutalen Mitteln. Mord und Folter gehörten zu den alltäglichen Instrumenten des Staats. Das hochautoritäre Regime des Schahs ließ keinerlei Freiraum für die Entfaltung einer politischen Demokratie oder für eine nur ansatzweise freie gewerkschaftliche Betätigung.

Dieses politische Regime war das Spiegelbild des höchst ungleichmäßigen Charakters der iranischen Entwicklung. Einerseits förderte der Staat die technologische Modernisierung des Wirtschaftslebens, was eine Anhebung des kulturellen Niveaus und der allgemeinen Produktivität der Arbeiterschaft erforderlich machte. Andererseits bestand dieses Modernisierungsprogramm neben älteren Formen der Ausbeutung der Arbeitskraft, die sich auf ausgedehnte Arbeitszeiten und eine Senkung des allgemeinen Lebensstandards stützten.

Das rasche Wirtschaftswachstum verursachte scharfe ökonomische und politische Spannungen. Der plötzliche Anstieg der Öleinkünfte hatte erhöhte Erwartungen geweckt. Die Kluft zwischen dem, was das Regime versprach, beanspruchte und erreichte, und dem, was die Öffentlichkeit erwartete, bekam und für möglich hielt, wurde immer größer. Der wirtschaftliche Aufschwung ermöglichte zwar reale Fortschritte auf dem Gebiet der öffentlichen Wohlfahrt, aber das Gesundheits- und Erziehungswesen des Irans gehörte immer noch zu den rückständigsten des Nahen und Mittleren Ostens. Das wirtschaftliche und soziale Programm des Regimes kam nicht allen Klassen gleichermaßen zugute. Es vergrößerten sich nicht nur die Klassen-, sondern auch die regionalen Unterschiede, ein Umstand, der die nationalen Minderheiten des Irans zu radikaleren Forderungen anstachelte.

Die Arbeiterklasse lebte langsam wieder auf. In den Jahren 1971 bis 1973 hatte es nur eine Hand voll Streiks gegeben, ab 1975 waren es jährlich 20 oder 30. Keiner dieser Streiks konnte sich über einen längeren Zeitraum entfalten: Entweder gab das Regime den Arbeiterforderungen sofort nach, oder die Streiks wurden umgehend gewaltsam unterdrückt. Die Streiks in der Schlüsselindustrie der Ölwirtschaft waren meistens kurz und erfolgreich. Hier zumindest konnte sich das Vertrauen der Arbeiter in eine Streikorganisation trotz aller Unterdrückung etwas festigen.

Trotz der Industrialisierung war Öl in den 1970er Jahren von noch größerer wirtschaftlicher Bedeutung als jemals zuvor. Die weltweit nachlassende Nachfrage nach Öl ab Ende 1975 hatte deshalb unmittelbare Auswirkungen innerhalb des Irans. Der Rückgang der Öleinkünfte gekoppelt mit einer hohen einheimischen und importierten Inflationsrate führte zur Devisenknappheit. Um seine Industrialisierungspläne fortzusetzen, musste der Iran erhebliche Anleihen bei den internationalen Banken aufnehmen. Das Bild des Irans änderte sich radikal. Was als Land gegolten hatte, das sich einer unglaublich erfolgreichen Modernisierung unterzog, entpuppte sich auf einmal als zunehmend unfähig, große Teile der eigenen Bevölkerung zu ernähren – mit einer großen Schuldenlast gegenüber den internationalen Kreditinstituten, mit fallenden Öleinkünften und noch schneller fallenden Ölreserven.

Angesichts der wachsenden Krise stürzte sich die iranische herrschende Klasse in eine Orgie der Korruption und des Spekulantentums. Im Vorgriff auf den erwarteten Zusammenbruch machte und verschwendete sie schnelles Geld und verschob es auf Auslandskonten. Landspekulation und allgemeines Güterhorten nährten eine Inflationsrate von beinahe 40 Prozent jährlich. Im Jahr 1975 verhängte die Regierung strikte Preiskontrollen. Der Sawak und die Auferstehungspartei des Schahs organisierten 10.000 Aufseher und schickten sie aus, um Kleinhändler und Ladenbesitzer unter die Lupe zu nehmen. Achttausend kleine Kaufleute wurden verhaftet, mit Bußgeldern belegt und als „Profiteure, Betrüger und Horter“ gebrandmarkt, alles im Namen des „Antiinflationskriegs“.

Arbeiter mussten inzwischen ein Viertel ihres Einkommens für die Miete aufbringen. Billige Nahrungsmittel verschwanden vom Markt. Die Industrieproduktion geriet ins Stocken, die Arbeitslosigkeit in den Städten stieg auf 15 Prozent an, wobei es keine Arbeitslosenhilfe gab, um die Not zu lindern. Das Regime reagierte mit einer Intensivierung des Schahkults und mit Lobeshymnen auf die „Weiße Revolution“. Die offiziellen Medien porträtierten den Iran als „große Zivilisation“ und „siebtgrößte Weltmacht“. [12]
 

Die iranische Opposition

Die „Weiße Revolution“ verfehlte ihr wichtigstes Ziel, nämlich dem Schah eine ausreichende Basis für sein Regime zu verschaffen. Eine Vielzahl gesellschaftlicher Kräfte blieb in der aktiven Opposition. Als Erstes, und von zentraler Bedeutung, gab es die Opposition der Arbeiterklasse. Die Industrialisierung hatte ihre Reihen im Laufe des 20. Jahrhunderts mächtig anschwellen lassen, aber gleichzeitig ihre Erwartungen zutiefst enttäuscht. Die iranischen Arbeiter spielten eine zentrale Rolle in allen Widerstandsbewegungen, 1905/06, in den 1920er, in den 1940er und 1950er, in den 1960er wie auch in den 1970er Jahren. Zweitens gab es die Opposition der nationalen Minderheiten: der Kurden, Aseri, Araber, Belutschen, Kaschkai und Turkmenen, die zusammen ein Drittel der iranischen Bevölkerung ausmachen. Sie alle sind Nichtperser. Überwiegend auf dem Land lebend, wurden die verschiedenen nationalen Minderheiten regelmäßig von jedem herrschenden Regime im Iran unterdrückt. Ihre sprachlichen, kulturellen und nationalen Rechte sind ihnen vorenthalten geblieben. Jede dieser Gruppierungen besitzt eine lange Tradition des Widerstands gegen die zentrale Staatsgewalt und Kampfs für ihre politische und kulturelle Autonomie wie auch für wirtschaftliche Forderungen.

Drittens gab es die Opposition verschiedener religiöser Minderheiten, die sich teilweise mit den nationalen Minderheiten überschneiden. Der Iran hat eine nichtmuslimische Minderheit. Und die muslimische Bevölkerung selbst teilt sich in eine schiitische Mehrheit und eine sunnitische Minderheit bestehend aus Kurden, Turkmenen, Arabern und Belutschen. Die nichtmuslimische Bevölkerung besteht aus Armeniern, Assyrern, Juden, Zoroastern (Überbleibsel der alten Religion des Irans) und Bahai. Die religiösen Minderheiten, darunter auch die sunnitischen Muslime, mussten immer unter einer doppelten staatlichen Unterdrückung leiden. Insbesondere die Bahai werden ständiger Verfolgung ausgesetzt, seitdem sie sich im Jahr 1844 vom Islam trennten. Nach dem schiitischen Islam ist der Bahaiglaube der Einzige, der nicht anerkannt werden kann, und ihre Anhänger sind zum Tode verurteilt.

Viertens gab es die Opposition der Mullahs und Basaris. Die kapitalistische Entwicklung im Iran hatte die Macht des Klerus geschmälert. Ihre Rolle im Erziehungswesen und bei der Rechtsprechung wurde untergraben durch die konstitutionelle Revolution von 1905/06, durch das Anwachsen eines zentralisierten und mächtigen Staatsapparats seit den 1920er Jahren und durch die Anstrengungen des Schahs zur Förderung von weltlichen Gerichten und modernen Schulen. Die Landreform der 1960er Jahre war ein bedeutender Schlag gegen die Mullahs, denn damit verloren sie die mit religiösen Privilegien versehenen Landgüter, die eine Hauptquelle ihres Einkommens und ihrer Unabhängigkeit vom Staat bildeten.

Gleichzeitig bedrohte die Entstehung kommerzieller und finanzieller Institutionen wie große Supermärkte und Banken die Klasseninteressen der zahlreichen Kleinhändler und Kaufleute des Basars. Diese Klasse setzte ihre lebenswichtige wirtschaftliche und politische Unterstützung für die Mullahs fort, insbesondere durch die Zahlung des Sakats (einer religiösen Steuer). Ihr Groll und ihre gemeinsame Opposition gegen die Zentralgewalt wuchsen im Gleichschritt mit jeder Stärkung des kapitalistischen Staates.

Fünftens gab es die Opposition der Studenten und Intellektuellen, die sich für erweiterte kulturelle, religiöse und politische Freiheiten einsetzten. Sie waren es, die eine Reihe politischer Oppositionsbewegungen in diesem Jahrhundert angeführt hatten, darunter die nationalistische Bewegung von 1905/06, die kommunistische Bewegung der 1920er Jahre, die nationalistischen und kommunistischen Bewegungen der 1940er und 1950er Jahre und die studentische Bewegung der 1960er Jahre. Sozial setzen sie sich aus traditionellen und modernen gebildeten Mittelschichten zusammen.

Eine Mischung aus staatlicher Repression und politischen Fehlern im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hatte schließlich in den 1970er Jahren dazu geführt, dass zwei politische Kräfte die Opposition gegen den Schah beherrschten, nämlich die Guerillabewegungen und der islamische Klerus.

Ab 1970 entwickelten sich zwei Guerillaorganisationen im Iran, die Mudschaheddin und die Fedajin. Beide hatten ihre Anfänge in den studentischen Kämpfen der frühen 1960er Jahre, aber ihre politischen Wurzeln sind älteren Datums, sie stammen aus den nationalistischen und kommunistischen Bewegungen der 1940er und 1950er Jahre. Zu jener Zeit scharte sich die Schahopposition in erster Linie um eine lose Nationale Front, die zwei unterschiedliche soziale Kräfte vertrat: einerseits den traditionellen, sich auf den Basar stützenden und von der Lebensweise und den Gesetzen des Islams beeinflussten Mittelstand, und andererseits eine moderne, berufstätige Mittelschicht, deren intellektuelle Vertreter die Religion zu einer Privatangelegenheit erklärten. Die berufstätige Mittelschicht wuchs während der Modernisierungskampagne des Schahs an Zahl und Bedeutung, denn die wirtschaftliche Entwicklung brachte verstärkt neue Berufe hervor und vergrößerte somit die Anziehungskraft neuer Ideen und Erwartungen. Diese neue Schicht wurde während der Industrialisierung teilweise in den Staatsapparat integriert. Ihre Opposition gegen den Schah beschränkte sich daher eher auf weltliche, und nationalistische Fragen.

Für die traditionelle Mittelschicht des Basars dagegen ließ die kapitalistische Entwicklung des Irans weitaus weniger Spielraum übrig. Die materiellen und kulturellen Auswirkungen der „Modernisierung“ waren ihr verhasst, und sie sehnte sich nach einer grundlegenden Neuordnung des Staats, um der religiösen Macht und den traditionalistischen Werten wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.

Links von der Nationalen Front gab es die Tudehpartei. Sie wurde nach der anglorussischen Besetzung von 1941 durch eine Gruppe von 53 Intellektuellen unter russischer Schirmherrschaft gegründet. [13] Dieser Partei waren Volksfronttaktiken von Anfang an in Fleisch und Blut übergegangen, und sie ordnete regelmäßig die spezifischen Interessen der Arbeiter denen ihrer angeblich „progressiven“ Verbündeten in den Mittelschichten unter. Trotz der zunehmenden Aktivitäten der Arbeiterklasse argumentierte die Tudehpartei stets, dass der Iran für eine sozialistische Revolution nicht reif sei.

Bis 1945 bekämpften die Gewerkschaftsführer der Tudehpartei aus Sorge um die Kriegsanstrengungen jede militante Aktion der Arbeiter. Das Ausmaß ihrer Abhängigkeit von Moskau zeigte sich am Ende des Kriegs, als sie die imperialistischen Ansprüche Russlands auf das iranische Öl unterstützte. Diese Haltung führte zu einer vollkommenen Entfremdung der Tudehpartei von den Nationalisten, die sowohl die Engländer als auch die Russen aus dem Land weisen wollten. Im Jahr 1946, als sie mit an der Regierung war, half die Tudehpartei dabei, einen Generalstreik der Ölarbeiter der Verteilerstelle in Abadan zu beenden. Kurz darauf wurde sie trotzdem aus der Regierung geworfen, wonach sie, gleich den kommunistischen Parteien Westeuropas, eine scharfe Linkswendung vollzog und die Forderung der Nationalen Front nach Verstaatlichung des Öls unterstützte.

Sowohl die Nationale Front als auch die Tudehpartei wurden in der Folge des Staatsstreichs von 1953, den sie, wie schon oben erwähnt, mitzuverantworten hatten, unterdrückt.

Beide Guerillabewegungen der 1970er Jahre spiegelten die Ungeduld eines Teils der jungen und radikalen Intelligenz gegenüber dem Versagen der traditionellen Methoden der alten iranischen Oppositionsparteien wider. Mudschaheddin wie Fedajin ließen sich von den scheinbaren Erfolgen Maos, Castros und Ho Chi Minhs und den Ideen und der Praxis der palästinensischen und lateinamerikanischen Guerillagruppen anregen. Die Mudschaheddin entwickelten sich aus dem religiösen Flügel der Nationalen Front, während die größtenteils weltlich orientierten Fedajin aus einer Abspaltung der Tudehpartei hervorgingen und dabei ebenfalls Kräfte aus dem linken Flügel der Nationalen Front mitzogen.

Beide Bewegungen teilten die Vorstellung, dass der bewaffnete Kampf das Hauptmittel sei, um die Massen zu aktivieren. Aber die Politik sowohl der Mudschaheddin als auch der Fedajin setzte die der vorangegangenen iranischen Oppositionsbewegungen in vielen Punkten fort. Beide Organisationen hatten konservative Elemente ihrer jeweiligen Vorgänger, der Nationalen Front und der Tudehpartei, bewahrt. Die Mudschaheddin hatten Illusionen in den muslimischen Nationalismus, und die Fedajin in den russischen Kommunismus.

Die Guerillabewegungen bildeten den aktivsten Teil der Opposition gegen das Regime, ihr Opfermut war groß. Sie führten eine Reihe erfolgreicher bewaffneter Anschlägen gegen Banken, Polizeispitzel, millionenschwere Industrielle, Auslandsvertretungen und Polizei- und Militärgebäude aus. Bis 1975 war es dem Regime allerdings gelungen, die meisten Mitglieder zu verhaften und beide Bewegungen praktisch zu erledigen.

Die Hauptschwäche der Guerillaorganisationen bestand in ihrer Isolation von jeglicher Massenbewegung. Weder die Mudschaheddin noch die Fedajin sahen die Notwendigkeit ein, sich an den konkreten Kämpfen der Industriearbeiter in den Städten zu beteiligen. In ihren Augen war die Massenbewegung „schlafend und in einen Zustand der allgemeinen Tatenlosigkeit verfallen“. Sich selbst betrachteten sie als „Avantgarde, die die Massenbewegung durch Kampf wiederbeleben“ würde. Sowohl für die Arbeiter als auch für die Bauern im Iran war es unmöglich, sich mit den mittelständischen Intellektuellen der Guerillaorganisationen zu identifizieren. Die Strategie der Guerillas bedeutete nichts anderes als ein Misstrauensvotum gegen die Arbeiterklasse. Weder die Mudschaheddin noch die Fedajin vertraten ernsthaft die Meinung, dass die iranischen Arbeiter selbst um die Macht und für ihre eigene Klassenherrschaft kämpfen sollten. Obwohl beide Organisationen jeder neuen Runde von Arbeiterwiderstand wegen seines Heldenmuts applaudierten, unternahm keine von ihnen eine ernsthafte Analyse der materiellen Kräfte, die im Iran am Wirken waren. Ihre Guerillastrategie bedeutete, ganz und gar die heldenhaften Aktionen einer mutigen Minderheit zu betonen, anstatt auf die möglicherweise weniger leuchtende, dafür aber lebenswichtige Aufgabe der Propaganda und Agitation unter den breiten Schichten der städtischen und ländlichen Massen zu setzen.

Die Tragödie der Guerillapolitik im Iran liegt darin, dass sich die Militanten damit von den alltäglichen Kämpfen und Problemen der Masse der iranischen Bevölkerung abschnitten und somit der anderen Hauptoppositionskraft, dem islamischen Klerus, das Feld überließen. Es war der Klerus, der eine führende Rolle bei der Ausrufung von Protestaktionen gegen das Regime und seine Brutalität spielte. Dank seiner religiösen Sonderstellung in der Gesellschaft war der islamische Klerus vor Verhaftungen relativ sicher und konnte eine Art nationales Netz außerhalb der unmittelbaren Reichweite der Geheimpolizei aufbauen. Die Schwäche der Linken ließ den Klerus mächtig erscheinen.

Die soziale Basis des Klerus muss vor allem in den Mittelschichten der Basaris gesucht werden. Der Klerus drückte den Groll dieser Klasse wegen ihres Ausschlusses von der staatskapitalistischen Entwicklung des Irans unter dem Schah aus. Die kapitalistische Entwicklung im Iran unterhöhlte ernsthaft die politische Rolle des Klerus, der eine Opposition mit traditionalistischem, religiösem Inhalt gegen die Übel der „Verwestlichung“ organisierte.

Zu diesem Zeitpunkt, in den 1960er Jahren, war der Einfluss der Moscheen unter Fabrikarbeitern und Büroangestellten noch gering. Aber für die breiten Massen der städtischen Armen, die durch die „Weiße Revolution“ vom Land vertrieben worden waren, wurden die Moscheen zu Versammlungszentren. Während die Guerillaorganisationen die Bevölkerung der Armenviertel und Wellblechstädte weitgehend ignorierten, bot die Religion der Moscheen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.

Daher ist es nicht verwunderlich, wenn alle populären Kämpfe gegen das Schahregime mit religiösem Inhalt gefüllt wurden. Die utopische Vision der religiösen Führer übte eine große Anziehungskraft auf die Massenbewegung aus, die sich Ende der 1970er Jahre gegen den Schah erhob. Der islamische Klerus bot den Traum an, dass „alles besser sein“ werde, wenn der Schah einmal gestürzt und eine islamische Gesellschaft gegründet sei.

Millionen, die wegen der Unerträglichkeit ihres Lebens nur wenig zu verlieren hatten, wurden zum Kampf inspiriert und waren bereit, ihr Leben für diese Vision des Himmels auf Erden zu opfern.

Der Islam, der den städtischen Armen verkauft wurde, war eine „modernisierte“ Version, die direkt an ihre materiellen Bedürfnisse anknüpfte. Einige ihrer führenden Vertreter, wie der religiöse Ideologe Dr. Schariati, betätigten sich von modernen Moscheegebäuden aus und benutzten das Kabelfernsehen und andere moderne Einrichtungen. Schariatis Botschaft an die Gläubigen lautete, der Islam – und gerade der schiitische Flügel, der im Iran vorherrscht – sei kein fatalistisches konservatives Glaubensbekenntnis und keine rein persönliche Angelegenheit, sondern vielmehr eine revolutionäre Ideologie, die alle Lebensbereiche und insbesondere die Politik durchdringe.

Der moderne Islam, so predigte er, bewege die wahren Gläubigen zum Kampf gegen alle Formen der Unterdrückung, Ausbeutung und sozialer Ungerechtigkeit. Muslim zu sein, bedeutete, „eine dynamische Gemeinschaft in ständiger Bewegung Richtung Fortschritt aufzubauen, und nicht bloß eine monotheistische Religion“. Die neue soziale Ordnung werde „durch die Tugend vollkommen vereint sein und nach Gerechtigkeit, menschlicher Brüderlichkeit, Gemeineigentum an den Reichtümern und schließlich einer klassenlosen Gesellschaft streben“. Schariati betonte auch, dass der „Schiismus die Fahne des Aufstands hochhält, weil die gegenwärtigen Führer, die korrupten Kalifen und hohen Richter das Volk betrogen und das Ziel einer klassenlosen Gesellschaft aufgegeben haben“. [14]

Ideologen wie Schariati drückten die Gefühle und Erwartungen der städtischen Armen viel wirkungsvoller aus als der traditionelle Klerus um Chomeini. [15]

Ajatollah Chomeini selbst hatte sich von den politischen Auseinandersetzungen bis Anfang der 1960er Jahre ferngehalten. Seine aktive Einmischung in die Politik in den Jahren 1962/63 beschränkte sich auf die Ablehnung der Landreform des Schahs, griff aber auch die Korruption des Regimes, seine Abhängigkeit von den USA und von Israel und seine Vernachlässigung des Basars auf. Jahrhunderte lang hatte sich der Klerus auf Geschenke der großen vorkapitalistischen Landbesitzer und der Basaris und auf das Geld, das ihm die Pilger in den wichtigsten heiligen Stätten überbrachten, gestützt. Die Landreform ließ eine dieser Einkommensquellen versiegen, sodass er jetzt ausschließlich von den Basaris abhängig war – die wiederum selbst von den Industrialisierungsanstrengungen geschwächt wurden. Chomeini und der traditionelle Klerus blickten zunehmend in eine Zukunft, in der ihre Rolle als ernsthafte politische Kraft staatliche Zuwendungen erforderlich machen würde.

Chomeini wurde 1963 vom Schah ins Exil geschickt, hauptsächlich wegen seiner Opposition gegen die weitere kapitalistische Modernisierung und gegen die Landreform. Noch im Jahr 1968 protestierten Teile des traditionellen Klerus gegen Schariatis „weltliche“ Vorträge. Chomeini selbst, der sich Schariatis Beliebtheit bewusst war, äußerte sich nicht zu dieser Frage. Stattdessen stahl er dem linken und liberalen Klerus seine Kleider und konzentrierte sein Feuer auf die Korruption des Regimes, auf seine Vernachlässigung der ökonomischen Bedürfnisse der Arbeiter und Bauern, auf seine Einschränkung der Freiheit und seine barbarischen Gefängnisse. Im Gegensatz zu dem offen traditionalistischen Klerus nahm er nicht öffentlich Stellung gegen das vom Schah eingeführte Frauenstimmrecht oder gegen die Zunahme der Frauenarbeit außerhalb des Heims. Stattdessen beschränkte er sich auf Aufrufe zum Sturz des Schahs und zur Gründung einer islamischen Gesellschaft auf der Grundlage von Gleichheit und Brüderlichkeit.
 

Die revolutionäre Flut

Mit der Verschärfung der Wirtschaftskrise erwachte die Opposition der Bevölkerung. Ab dem Frühsommer 1977 trieb eine Streik- und Demonstrationswelle nach der anderen die iranischen Massen vorwärts, von Mal zu Mal vertiefte sich die revolutionäre Bewegung und verstärkten sich ihre Kampfmethoden. Das Schahregime war untragbar geworden. Die Bewegung begann die Schranken, die sie vom politischen Leben trennten, niederzureißen und die Vorarbeit für eine neue Gesellschaftsordnung zu vollbringen.

Die Demonstrationen setzten im Juni 1977 ein mit einem friedlichen Marsch der Bevölkerung der Teheraner Wellblechstadt. Die Armee, die die Bebauungspläne der Stadtverwaltung umsetzen sollte, war eingerückt, um ihre Häuser niederzuwalzen. Schahtruppen und Polizei eröffneten das Feuer und töteten viele Demonstranten.

Im Monat davor hatten fünfzig Rechtsanwälte eine öffentliche Protesterklärung gegen die Einmischung der Exekutivgewalt in die Gerichtsbarkeit abgegeben. Im Juni forderten vierzig Schriftsteller Redefreiheit und die Abschaffung der Zensur. Im Juli richtete eine Gruppe von Intellektuellen einen offenen Brief an den Schah, in dem sie ihn aufforderte, der brutalen Herrschaft ein Ende zu setzen. Eine wachsende Zahl von Artikeln, Flugblättern und Broschüren wurden offen verbreitet.

Diese Aktivitäten markierten einen Wendepunkt im politischen Leben des Landes. Bis dahin hatte der Protest nur in isolierten Streiks und Sabotageakten in den Fabriken oder in Angriffen der Guerillagruppen und Aktionen der Studenten und Intellektuellen im Ausland Ausdruck gefunden. Nachdem die Kritiker im Iran wie auch im Ausland lange Zeit durch die erbarmungslosen Verfolgungsmethoden des Sawak zum Schweigen gebracht wurden, lebte nun die Opposition wieder auf. Der Widerstand gegen den Schah wurde jetzt überlaut und deutlich verkündet.

Unter diesem Druck leitete das Regime ein „Liberalisierungsprogramm“ ein, in der Hoffnung, die Spannungen abzubauen. Der Sawak hielt zwar die verschiedenen Bewegungen nach wie vor unter strenger Beobachtung, seine direkten Störaktionen ließen aber nach. Auch die Zensur wurde ein wenig gelockert. Aber jedes Zugeständnis spornte die Opposition nur weiter an. Chomeini, der sich noch im Exil befand, schickte Unterstützungsbotschaften von Nadschaf aus, der islamischen heiligen Stadt Iraks. Diese wurden auf eingeschmuggelten Tonbandkassetten unter die Bevölkerung gebracht.

Anfang November 1977 organisierte der Schriftstellerverband eine Reihe von öffentlichen Dichterlesungen, denen jeden Abend rund 10.000 bis 20.000 Menschen beiwohnten. Am zehnten Abend versuchte die Polizei, die Versammlung aufzulösen, worauf sich die Lesung sofort in eine Massendemonstration verwandelte, auf der laut Losungen gegen das Regime gerufen wurden. Viele wurden bei dem Zusammenstoß mit der Polizei getötet.

Am 6. Dezember gab es eine weitere Massendemonstration zur Feier des 16. Asars (des inoffiziellen Studententags), wo es wieder viele Tote gab. Der Sawak schien nicht mehr in der Lage zu sein, die Protestierenden einzuschüchtern, und das Liberalisierungsprogramm“ ermutigte seinerseits zu verstärkten politischen Aktivitäten gegen das Regime.

Im selben Monat stattete US-Präsident Jimmy Carter dem Schah einen Besuch in Teheran ab. Während der zwei Tage vor seiner Ankunft wurde die Autobahn, die vom Mehrabader Flughafen zum Palast des Schahs führt, für den Publikumsverkehr gesperrt und alle Häuser und Wohnungen entlang der Strecke wurden von Polizei besetzt. Am Ende seines Aufenthalts sagte Carter zu Journalisten, er bewundere „Irans schnellen Fortschritt und den aufgeklärten Monarchen, der das volle Vertrauen seines Volkes genießt“.

Mitte Februar 1978, am Vorabend des Muharram (des religiösen Trauermonats), rief Chomeini von seinem Exil aus den Klerus und die Gläubigen zu Protestaktionen gegen die Unterdrückung auf. Als eine Demonstration in der heiligen Stadt Ghom veranstaltet wurde, griffen Polizei und Armee ein und töteten mehrere Menschen. Das war der Beginn einer neuen Protestreihe alle vierzig Tage. Denn nach der islamischen Tradition gedenkt man der Toten vierzig Tage nach ihrem Ausscheiden aus dem Leben. Da jede neue Demonstration neue Opfer mit sich brachte, wurden sie in diesem Rhythmus wiederholt.

Währenddessen breitete sich die revolutionäre Flut schnell unter den sehr unterschiedlichen Bestandteilen der Bewegung aus: unter den Industriearbeitern, den städtischen Armen, den Studenten und Intellektuellen der modernen Mittelschichten, dem Klerus und seinen Anhängern in der traditionellen Mittelschicht der Basaris.

In Täbris, einer der wichtigsten Industriestädte des Irans und Hauptstadt Iranisch-Aserbaidschans, setzten sich die Demonstranten im Februar 1978 zum ersten Mal zur Wehr, als die Polizei angriff und junge Studenten tötete. Unter dem Ruf „Tod dem Schah!“ stürmten die Demonstranten Polizeistationen, das Hauptquartier der Auferstehungspartei des Schahs, Banken, Luxushotels und Sexkinos. Viele dieser Angriffsziele waren direktes Eigentum des Schahs und seiner Familie.

Angesichts der wachsenden Opposition versuchte das Regime, sich eine neue soziale Basis zu verschaffen, und vertrat jetzt offen eine Politik, die das Kleinbürgertum des Basars und seine religiösen Vertreter begünstigte. Der „Antiinflationskrieg“ gegen die Kleinhändler wurde abgeblasen, die Regierung gab den Plan zur Gründung von riesigen staatseigenen Märkten in Konkurrenz zu den kleinen Ladenbesitzern auf, entschuldigte sich in aller Öffentlichkeit vor dem Klerus für ihre Angriffe auf einige religiöse Demonstrationen und auf Wohngebäude des Klerus und verkündete schließlich das Verbot von pornografischen Filmen. Der Schah und die Kaiserin pilgerten öffentlich zu heiligen Stätten, und die Medien veröffentlichten Bilder von ihnen beim Gebet, wobei die Kaiserin den Tschador trug, den langen islamischen Schleier,.

Um den 2.500. Jahrestag der Monarchie zu feiern, hatte der Schah im Jahr 1971 die Ersetzung des islamischen Kalenders durch die kaiserliche Zeitrechnung befohlen. Im Jahr 1978 wurde diese Entscheidung rückgängig gemacht, um den Klerus wieder zu versöhnen. Hochrangige Mitglieder des Klerus, die seit Anfang der 1960er Jahre unter Arrest standen, wurden jetzt auf freien Fuß gesetzt.

Der Schah ordnete die Kürzung der Subventionsgelder für seine Auferstehungspartei an. Er ließ 57 Spielkasinos, die zur familieneigenen kaiserlichen Pahlewi-Stiftung gehörten, schließen und schickte die allzu offensichtlich korrupten Mitglieder seiner Familie in den verlängerten Auslandsurlaub. Um die islamischen Fundamentalisten zu besänftigen, schaffte er das Ministerium für Frauenfragen ab und ersetzte es durch ein Ministerium für religiöse Angelegenheiten. Als besonderes Zugeständnis an Chomeini begann er eine Kampagne gegen die Bahaireligion und befahl Polizeiüberfälle auf die liberalen Politiker der Nationalen Front, die linken Parteien und die Intellektuellen. Der Sawak organisierte Razzien auf ihre Häuser, schlug sie zusammen und griff ihre Versammlungen an.

Das Ziel des Schahs war es, die oppositionellen Kräfte zu spalten. In einem Interview am 26. Juni 1978 erklärte er:

„Niemand kann mich stürzen. Ich habe die Unterstützung von 700.000 Soldaten, einem Großteil des Volks und aller Arbeiter. […] In zehn Jahren hoffen wir das zu sein, was Europa heute ist. […] In zwanzig Jahren hoffen wir, eine in jeder Hinsicht fortgeschrittene Nation zu sein.“ [16]

Als die Bewegung gegen das Schahregime immer stärker wurde, versuchte Chomeini einen maximalen Vorteil für sich daraus zu schlagen. Die Nationale Front und die Tudehpartei waren nach dem Staatsstreich von 1953 zerschlagen worden. Die Guerillaorganisationen hatten in den Jahren 1971 bis 1975 bewaffnete Operationen durchgeführt, waren aber ebenfalls durch das Regime zerbrochen worden. Schariati, dessen Ideen Elemente des Islams, des Liberalismus, des Fanonismus [17] und Marxismus miteinander verknüpften, hatte eine wichtige Funktion als Brennpunkt der Opposition spielen können, da das Regime die religiöse Opposition immer sanfter als die linke Opposition behandelt hatte. Nach Schariatis Tod gelang es Chomeini, dessen Anhänger auf seine Seite zu ziehen, die in ihm nun den Erben der liberalen Version des Islams erblickten.

Chomeini leugnete, dass er oder irgendein anderer Teil des Klerus vorhätten, den Iran zu regieren. Er erklärte sich mit einer freigewählten verfassunggebenden Versammlung zur Verabschiedung eines neuen Grundgesetzes nach dem Abgang des Schahs einverstanden und verkündete, dass Frauen – die in den Augen des Islams mit den Männern gleichgestellt seien – Wahlrecht und Gleichberechtigung gegenüber den Männern genießen sollten.

Anfang November 1978 verließen Karim Sandschabi, Führer der Nationalen Front, und Mehdi Basargan, Führer der 1961 von religiösen Anhängern Mossadeghs und der Nationalen Front gegründeten Befreiungsbewegung des Irans, die Hauptstadt Teheran, um sich dem in Paris weilenden Chomeini anzuschließen. Dort verkündeten sie ihr offenes Bündnis mit Chomeini und erklärten, die „Massenbewegungen des hinter uns liegenden Jahres haben gezeigt, dass das Volk Ajatollah Chomeini folgt und die Ablösung der Monarchie durch ein islamisches Regierungssystem wünscht“. [18]

Die Guerillaorganisationen, die schwere Mitgliederverluste durch Folter und Mord in den Schahkerkern erlitten hatten, änderten ihre Taktik. Im Iran übernahmen ihre Anhänger viele der Ideen Schariatis, während sie im Ausland ihre Aktivitäten innerhalb der Studentenbewegung verstärkten. Als die Massenbewegung Ende 1978 die Freilassung vieler politischer Gefangener erzwang, traten die Guerillaorganisationen in Aktion, gewannen neue Mitglieder, gaben Flugblätter und Zeitungen heraus und kämpften gegen die Armee und die Polizei des Schahs. Da sie aber in den Anfangsjahren ihrer Guerillaaktivitäten keine Basis unter den Arbeitern und den städtischen Armen aufgebaut hatten, sahen sie keine andere Alternative, als ebenfalls Chomeini Folge zu leisten.

Chomeini begann jetzt zum Sturz des Schahs und des ganzen kaiserlichen Systems aufzurufen.
 

Der Kampf spitzt sich zu

Bis Juni 1978 waren es in erster Linie die Studenten und Intellektuellen, die städtischen Armen und die modernen und traditionellen Mittelschichten gewesen, die an den Demonstrationen gegen den Schah teilgenommen hatten. Industriearbeiter waren weniger vertreten. Eine Übersicht über die Arbeitskämpfe in dieser Zeit [19] deutet darauf hin, dass sich die meisten Streiks, Besetzungen und anderen Proteste in den Betrieben auf wirtschaftliche Forderungen beschränkten. Nach dem Juni radikalisierte sich nicht nur der ökonomische Kampf der Industriearbeiter, sondern er nahm zunehmend auch politische Züge an.

Forderungen nach Lohnerhöhungen, besseren Arbeitsbedingungen, bezahltem Urlaub und gegen die Zurückhaltung von Löhnen, gegen Entlassungen und Betriebsschließungen verbanden sich mit weitergehenden Forderungen zu einem explosiven Gemisch. Der Ruf nach unabhängigen Gewerkschaften anstelle der vom Sawak geführten „Syndikate“ wurde jetzt offen geäußert, nebst Forderungen nach einem öffentlichen Gesundheitswesen, nach Kredit- und Versicherungserleichterungen für Arbeiter, nach der Fünftagewoche, nach Arbeitermitbestimmung bei den „Gewinnbeteiligungsplänen“. [20]

Forderungen nach Versetzungen im Management und nach der Entfernung der Sawakbüros aus den Industriebetrieben wurden immer lauter. Andere populäre Forderungen, die in den Streiks auftauchten, bezogen sich auf die Wiedereinstellung entlassener Arbeiter, auf Kindertagesstätten am Arbeitsplatz und auf Gleichbehandlung von iranischen mit ausländischen Arbeitern [21] .

Je mehr die Bewegung voranschritt, desto politischer wurden die Forderungen. Neue Streikforderungen nach Beendigung des Notstands, nach Freilassung aller politischen Gefangenen und nach Rückkehr der politisch Verbannten tauchten zum ersten Mal auf. Im September traten Arbeiter der lebenswichtigen Ölindustrie in den Raffinerien von Teheran, Isfahan, Schiras, Täbris und Abadan in den Streik und verstärkten somit die bereits bestehende Streikfront in den anderen Industrien. Wirtschaftliche Fragen verbanden sich mit Forderungen bezüglich der japanischen Unternehmensleitungen und der politischen Gefangenen. Der Forderungskatalog der Ölarbeiter richtete sich jetzt gegen die Armeepräsenz in und um die Anlagen, gegen Medienzensur und überhaupt gegen die Existenz des Sawak. Sie verlangten, die bekannten Verräter am Iran landesweit zur Rechenschaft zu ziehen, ferner forderten sie die Rücknahme aller bestehenden internationalen Ölverträge.

Im September 1978 sprengten die Streiks den engen Rahmen der einzelnen Betriebe, als Industriearbeiter aus ihren Fabriken marschierten und sich den millionenstarken Massendemonstrationen in den Stadtzentren anschlossen. Die Ölarbeiter begannen nun, ihr Industriepotenzial direkt gegen das Regime einzusetzen. Sie beschlossen die Senkung der Ölproduktion von sechs Millionen Barrel auf nur noch eine Million Barrel täglich. Weiterhin entschieden sie, Exporte zu beenden und nur noch für den Inlandsverbrauch zu produzieren. Die Zollbeamten folgten diesem Beispiel und erlaubten nur noch die Einfuhr von Medikamenten, Säuglingsnahrung und Papier.

Im Oktober drehten die Ölarbeiter den Hahn weiter zu, um gegen die Verbindungen des Regimes mit Südafrika und Israel zu protestieren. Tabakarbeiter streikten gegen den Import von amerikanischem Tabak. Und wieder drosselten die Ölarbeiter die Produktion auf jetzt nur noch 220.000 Barrel täglich. Die Bergarbeiter traten in den Sympathiestreik mit den Demonstrationen und Streiks der Studenten und Lehrer.

Alle paar Tage trat eine neue Gruppe von Arbeitern in den Ausstand oder schloss sich den Straßendemonstrationen und Protesten an. Jeden Abend boykottierten die Medienarbeiter die Rundfunk- und Fernsehpropaganda des Regimes. Eisenbahner weigerten sich, Polizei- und Armeeoffiziere in den Zügen zu befördern. Die Arbeiter der Atomkraftwerke streikten und erklärten, die AKWs seien dem Iran durch die Großmächte im Interesse des Atomkriegs anstelle des produktiven Industriesektors aufgezwungen worden.

Der von den Russen gebaute Stahlkomplex wurde dichtgemacht. Beinahe jede Industrieanlage wurde geschlossen, mit Ausnahme von Gas- und Elektrizitätswerken sowie der Telefonvermittlung: Hier erklärten die Arbeiter, ihre Arbeit zum Wohl der Allgemeinheit fortzusetzen, die Streiks und Demonstrationen zum Sturz des Regimes aber zu unterstützen. Die Hafenarbeiter und Seeleute entluden nur noch Nahrungsmittel, medizinischen Nachschub und das für die politische Aktivität notwendige Papier.

Die gesamte Arbeiterklasse beteiligte sich jetzt an der Aufstandsbewegung, vereint durch den Ruf zum Sturz des Schahs und seines ganzen Regimes. Die Arbeiter begannen sich ihre eigenen Gedanken um die politische Zukunft zu machen. Die Ölarbeiter schrieben einen offenen Brief an Chomeini, in dem sie ihm ihre Unterstützung zusicherten, gleichzeitig aber Arbeiterbeteiligung an der zukünftigen Regierung forderten. Die Medienarbeiter äußerten sich im selben Sinne. Arbeiter in der Metall- und Elektronikindustrie forderten ein neues Arbeitsgesetz zur Sicherung der Arbeiterkontrolle über die Industrie. Die Ölarbeiterkomitees schickten Unterstützungsbotschaften an Techniker und Kadetten der Luftwaffe, die jetzt gegen die Schaharmee kämpften.

Unter dem Eindruck der sich entfaltenden revolutionären Situation im Winter 1978/79 entwickelte sich das Bewusstsein der iranischen Arbeiter sprunghaft. Ihre Erfahrung und Kampfbereitschaft nahmen rasch zu. Viele der bedeutendsten Fabrikbesitzer und -manager gerieten in Panik und verließen fluchtartig das Land. Der plötzliche Abgang ihrer Bosse förderte ein starkes Verantwortungsgefühl unter den Arbeitern für ihre Fabriken und stärkte sie in ihrem Entschluss, diese unter ihre Kontrolle zu bringen. Gewählte Streikkomitees übernahmen die Aufgaben des Managements, setzten Produktionsziele, Arbeits- und Streikzeiten und anderes mehr fest.

Die Streikkomitees waren im Grunde politische Körperschaften. Die staatlich organisierten „Syndikate“ unter Sawakkontrolle waren den Arbeitern verhasst. Immer wieder hatten Arbeiter bei betrieblichen Auseinandersetzungen gegen den Sawak antreten müssen, wenn sie ihre eigenen militanten Vertreter wählen wollten. So zum Beispiel in der Autofabrik Samjad in Teheran:

„[…] als sich ein militanter Arbeiter für Führung des Betriebssyndikats kandidierte, hatte der Sawak leichtes Spiel. Denn man verwehrte diesem Kollegen zwei Jahre hintereinander am Wahltag einfach den Zutritt zum Betrieb. Deshalb versteckte er sich im dritten Jahr am Tag vor der Wahl oben auf dem Wasserspeicher der Fabrik, wo er die Nacht verbrachte. Am nächsten Tag war er innerhalb des Betriebs, nahm an der Wahl teil und gewann. Unmittelbar nach seinem Sieg wurde er gefeuert.“ [22]

Jetzt wurden die Sawaksyndikate durch offen gewählte Streikkomitees ersetzt. Deren Position wurde weiter gestärkt durch das Machtvakuum, das die Flucht der Bosse und die Verbreiterung der populären revolutionären Flut in den Betrieben hinterließen.

Teile der Arbeiterschaft in der Öl-, Druck- und Textilindustrie waren an den politischen und gewerkschaftlichen Bewegungen der 1940er und 1950er Jahr [23] beteiligt gewesen. Die Mehrheit der iranischen Arbeiter waren aber relativ junge Immigranten aus den ländlichen Gebieten und besaßen daher keine solche Tradition. In beiden Teilen der Arbeiterschaft schossen die Streikkomitees jedoch mit gleicher Kraft empor.

Da wo sich die Arbeiter bisher machtlos gefühlt hatten, spürten sie jetzt ein tiefes Gefühl der kollektiven Macht. Die neu entwickelte organisierte Eingreifen der Arbeiterklasse in die revolutionäre Bewegung, an der alle anderen Unterdrückten und ausgebeuteten Schichten der iranischen Gesellschaft bereits beteiligt waren, verursachte eine Verschiebung des politischen Kräfteverhältnisses. Gemeinsam stürzte diese Volksbewegung eines der repressivsten Regime der heutigen Zeit.
 

Der Schah verlässt das Land

Am 16. Januar 1979, nach achtzehn Monaten bitterer Kämpfe, wurde der Schah zum Verlassen des Irans gezwungen. Seine Abreise war der Anlass für einen regelrechten Karneval öffentlicher Freude. Als das Radio die Nachricht brachte, hallten die Rufe der Bevölkerung in den Straßen: „Schah raft!“ (der Schah ist gegangen). Unbekannte umarmten sich. Autos hupten. Konditoreien verteilten einer alten iranischen Tradition folgend zur Feier des Ereignisses Süßigkeiten an die vorbeiströmende Menge.

Die Menge verbrüderte sich mit den Soldaten, warf ihnen Blumen zu und flehte sie an: „Tötet nicht eure Brüder und Schwestern!“ Die einberufenen Soldaten, die zumeist bäuerlicher Herkunft waren, weinten und umarmten die Menschen. Demonstranten rissen die Statuen des Schahs und seines Vaters nieder.

In einem letzten verzweifelten Versuch, die Monarchie zu retten, wurde Schapur Bachtiar, Mitglied der alten Nationalen Front, zum Ministerpräsidenten ernannt. Das ganze Land verweigerte ihm jedoch die Anerkennung, Massendemonstrationen verlangten seinen sofortigen Rücktritt. Währenddessen führten Armeeoffiziere geheime Verhandlungen mit ihren US-amerikanischen Beratern über die Möglichkeit eines Staatsstreichs.

Am 1. Februar kehrte Ajatollah Chomeini von seinem letzten Verbannungsort in Paris zurück. Fünf Tage später erklärte er sich zum Staatsoberhaupt und ließ Mehdi Basargan per Dekret zum Ministerpräsidenten ernennen. Basargan war führendes Mitglied der Befreiungsbewegung und der Nationalen Front. Gleichzeitig richtete Chomeini einen geheimen Revolutionsrat ein, bestehend aus einer Anzahl religiöser Führer sowie Mitgliedern der Nationalen Front und der Befreiungsbewegung, um Verhandlungen mit dem Generalstab der Armee aufzunehmen.

Die Armeeoffiziere, ohnehin verunsichert durch den Abgang des Schahs, sahen jetzt ihren Rückhalt unter den einfachen Soldaten dahinschwinden. Die Abreise des US-amerikanischen Generals Robert Huyser, stellvertretender Befehlshaber der Nato-Streitkräfte, am 8. Februar nach einem Monat Verhandlungen mit Befehlshabern der Armee, in denen er ihnen von jedem Staatsstreichversuch abriet, hatte sie ebenfalls schwer getroffen. Währenddessen empfahl Washington dem Schah einen ausgedehnten Auslandsurlaub. Angesichts des Ausmaßes der revolutionären Bewegung im Iran war es den USA klar geworden, dass sie ihre Interessen im Iran nicht länger schützen könnten, wenn sie weiterhin am Schah festhielten. In der Hoffnung, ihre Position wieder festigen zu können, erklärten sie offiziell ihre Absicht, mit der neuen provisorischen Regierung zusammenzuarbeiten. Die Armeeoffiziere waren geteilter Meinung. Schließlich entschlossen sie sich, neutral zu bleiben und Verhandlungen mit der provisorischen Regierung aufzunehmen.

Während sich diese Ereignisse hinter der Bühne abspielten, nahmen die Guerillaorganisationen zusammen mit den Technikern und Kadetten der Luftwaffe, die sich auf die Seite der Revolution geschlagen hatten, offene Kampfhandlungen mit der Kaiserlichen Garde, den letzten schahtreuen Truppen, auf und verteilten nach ihrem Sieg Waffen an die Bevölkerung. Am 11. Februar erreichten die Auseinandersetzungen einen neuen Höhepunkt, als sich das bewaffnete Volk der Waffendepots und Polizeikasernen mitsamt der wichtigsten Armeegarnison in Teheran und der Militärakademie bemächtigte.

Während sich die Kämpfe zuspitzten, versuchten Vertreter des Klerus, die bewaffneten Demonstrationen unter „islamischer Führung“ aufzulösen. „Die Zeit für eine bewaffnete Konfrontation ist noch nicht gekommen“, argumentierten sie. „Chomeini hat die Fatwa [24] noch nicht erlassen.“ Der Klerus war aber noch nicht sattelfest genug, um die Bewegung zu kontrollieren. Nach zwei Tagen heftiger Kämpfe beendeten die Guerillaorganisationen unterstützt durch eine große Anzahl eifriger und bewaffneter Freiwilliger den Aufstand und gaben der 2.500 Jahre währenden Monarchie den Gnadenstoß. Gefängnistore wurden aufgerissen, Rundfunk- und Fernsehstationen, von den Revolutionären in eigene Regie übernommen, verkündeten: „Dies ist die Stimme und das Gesicht der Revolution“, und gaben der Welt das Ende der Monarchie und den Sieg der Revolution bekannt.

Mit dem Auseinanderfallen des Schahstaats ging die Macht in die Hände des Volkes über. Streikkomitees in allen Fabriken, Einrichtungen, Büros, Schulen, Universitäten und anderen Arbeitsstätten setzten sich wieder zusammen und begannen als Schoras (Räte) zu funktionieren. Es gab Arbeiterschoras, Studentenschoras, Schoras der Büroangestellten. Die Bauern in den Dörfern gründeten ihre eigenen Bauernschoras. In den Städten ging die Macht in die Hände örtlicher, eigens zu diesem Zweck gebildeter Körperschaften über, die sich „Komitehs“ (Komitees) [25] nannten. Die Mitgliedschaft der Komitehs bestand hauptsächlich aus Anhängern der Guerillaorganisationen, aber der örtliche Klerus und andere fanatische Anhänger der Idee einer islamischen Republik waren ebenfalls vertreten. Bei den nationalen Minderheiten fiel die Macht den örtlichen Schoras in die Hände.

Arbeiter besetzten die Fabriken und brachten die Produktion unter ihre Kontrolle. Bauern begannen mit Hilfe ihrer Schoras das Land der Großgrundbesitzer zu beschlagnahmen. Die iranische Linke übernahm mit Hilfe der Mudschaheddin und der studentischen Schoras die Büros und andere Gebäude des Sawak und verwandelte sie in ihre eigenen Hauptquartiere. Von ihren neuen Stützpunkten aus organisierten sie Veranstaltungen und Kundgebungen.

Innerhalb der Ölindustrie und anderer älterer Industriezweige machten sich die Arbeiter ihre eigenen Organisationserfahrungen oder die ihrer Eltern und nahen Verwandten zunutze und konnten eine führende Rolle bei der Gründung der Arbeiterschoras spielen.

Aber in den erst kürzlich entstandenen Industriezweigen, wo die Arbeiterschaft hauptsächlich aus neu hinzugekommenen Landflüchtigen bestand, hatte die Existenz der Schoras nur wenig mit bestehenden Traditionen der Arbeiterschaft oder dem Einfluss der linken Organisationen zu tun. In diesen Industrien waren es die praktische Erfahrung mit der Organisierung und Leitung von revolutionären Streikkomitees und der tiefsitzende Hass der Arbeiterschaft auf die ihnen vom Schah aufgezwungenen Sawaksyndikate, die zur wichtigsten Triebkraft für die Bildung der Schoras wurden.

Ajatollah Chomeini wurde zum neuen Oberhaupt Irans in erster Linie wegen der organisatorischen und ideologischen Schwäche aller anderen bestehenden Oppositionsgruppen. Für ganze acht Monate nach dem Sieg des Februaraufstands war seine Macht jedoch alles andere als gesichert. In Wirklichkeit gab es ein völliges Machtvakuum in der iranischen Politik. Während dieser Zeit spielten die neu entstandenen Arbeiterräte, die Schoras, eine grundlegende politische und wirtschaftliche Rolle. Solange sie mit ihren Aktivitäten nicht nachließen, konnte Chomeini seine Machtbasis nicht festigen.
 

Die Entstehung der Arbeiterschoras

Wenige Tage nach dem Aufstand ordnete Chomeini die Wiederaufnahme der Arbeit „im Namen der Revolution“ an. Die Arbeiter gingen zurück in die Fabriken und sahen, dass sich dort nichts geändert hatte. Löhne und Arbeitsbedingungen waren dieselben wie eh und je. Sie reagierten schnell. In vielen Fabriken bot die Abwesenheit des Managers oder Besitzers eine gute Gelegenheit, sofort Schoras zu gründen. Anderswo war es die fortdauernde Präsenz desselben Managers, desselben Aufsehers und sogar desselben alten Sawakvertreters, die den Anstoß für den Aufbau der Schoras gab.

In den meisten Betrieben waren es die vorrevolutionären Streikkomitees, die den Führungskern der neuen Arbeiterorganisationen bildeten. Im Rahmen der Schoras bildeten die Arbeiter Untergruppen, um die autoritären und unterdrückerischen Elemente innerhalb des Betriebs zu untersuchen und um jene zu entfernen, die enge Verbindungen mit dem alten Regime hatten. Ein Arbeiter erklärte:

„Diejenigen, die bereits unter dem Schah Manager waren, sind wiederernannt worden. Diese Männer haben uns dermaßen unterdrückt, wie kann es sein, dass sie der Staat zu unseren Managern ernannt hat? Damit werden wir uns niemals abfinden, eine solche Last werden wir niemals dulden, solange das Blut in unseren Adern fließt.“ [26]

Die Schoras begannen ihre Macht auf jeder Ebene des Fabriklebens auszuüben, beim Einkauf, beim Verkauf, bei der Preisfestsetzung und bei der Bestellung von Rohstoffen. Verschiedene Komitees wurden für verschiedene Zwecke gebildet: Zunftkomitees für die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen in Bezug auf Löhne, Arbeitsbedingungen, Sozialversicherung, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz; Finanzkomitees für die Aufsicht über Einkünfte und Ausgaben der einzelnen Unternehmen und die finanziellen Aktivitäten des Managements; Verbindungskomitees, um den Kontakt zu Schoras in anderen Betrieben aufrechtzuerhalten; Kontrollkomitees, um die Produktion und den Verkauf zu beaufsichtigen; politische Komitees, um kleine Betriebsbüchereien zu organisieren und Wandzeitungen und Bulletins herzustellen, die die Arbeiterschaft über die neuesten Ereignisse in der eigenen und in anderen Fabriken auf dem Laufenden hielten; Sicherheitskomitees, bestehend aus bewaffneten Arbeitern, um die Fabriken vor den ehemaligen Besitzern und Managern und/oder vor konterrevolutionären Elementen zu schützen; Kooperativkomitees, um Streikfonds zu organisieren; Frauenkomitees, bestehend einzig aus Frauen, um spezifische Frauenforderungen durchzusetzen, insbesondere in der Chemie- und Textilindustrie, wo Frauen die Mehrheit der Belegschaft stellten.

Die Arbeiter hatten die Industrie faktisch unter ihrer Kontrolle. Sie besprachen, planten und leiteten die einzelnen Betriebe. Sie hatten die Kontrolle über Einstellungen und Entlassungen. Die Schoras waren das Schlüsselinstrument zur Machtausübung über Produktion und Verteilung. Ein typisches Beispiel war die Chite Dschahan Textilfabrik in der Nähe von Teheran, die unter dem Schah wegen der Zahl der politischen Aktivisten in der Belegschaft und wegen ihrer Streiktradition bekannt war. Hier übte der Arbeiterrat ein hohes Maß an Kontrolle über die betrieblichen Angelegenheiten aus. Während der ersten Monate der Revolution steigerten die Arbeiter die Produktion, sie verdoppelten die Minimallöhne, indem sie die hohen Gehälter der Ingenieure und leitenden Angestellten kürzten, und sie stellten der Belegschaft kostenlos Milch zur Verfügung. [27]

Nach Auffassung der Arbeiter bestand ihre Aufgabe darin, die Produktion unter eigener Kontrolle aufrechtzuerhalten und die rechtliche Anerkennung ihrer Schoras durch die Regierung durchzusetzen. Die unabhängige Rolle der Schoras wurde aber nur allzu schnell durch mehrere wichtige Faktoren infrage gestellt.

Erstens erklärte die provisorische Regierung Mehdi Basargans, dass die Einmischung der Arbeiter in leitende Funktionen „unislamisch“ sei. Das Regime weigerte sich, die Schoras anzuerkennen, und versuchte, deren Macht durch die Spaltung der Arbeiter entlang religiöser Linien zu schwächen. Kleine Gruppen von Arbeitern, die in islamischen Gesellschaften organisiert waren, begannen sich in die Angelegenheiten der Schoras einzumischen und die vom Staat ernannten Manager zu unterstützen. Die islamischen Gesellschaften begannen mit religiöser Agitation, organisierten Veranstaltungen über die Bedeutung des Islams im Allgemeinen und die islamische Auslegung der Begriffe Arbeit, Besitz und Kontrolle im Besonderen. Ihr Ziel war die ideologische Kontrolle über die Betriebe. Ein Arbeiter von Rofhan Pars, einem Tochterunternehmen von Shell, beschrieb dies so:

„Die Revolution war siegreich wegen des Arbeiterstreiks. Wir jagten den Schah fort und zerschlugen sein politisches System, aber alles ist so geblieben, wie es früher war. Die vom Staat ernannten Manager haben dieselbe Einstellung wie die alten Manager. Wir müssen unsere Schoras stärken, denn das Management fürchtet sich vor ihnen. Die wissen, dass ihr Schicksal besiegelt ist, wenn die Schoras ihre Macht behalten. Sie können ihre arbeiterfeindliche Politik nicht direkt umsetzen; also bekämpfen sie die Schoras zunächst auf der Grundlage des religiösen Glaubens. Wenn wir den Mund aufmachen, ist ihre Antwort: ,Das ist eine kommunistische Verschwörung, um euren religiösen Glauben zu schwächen.‘ Ich möchte gerne wissen, was Schoras denn mit Religion zu tun haben. Arbeiter werden alle gleich ausgebeutet, die muslimischen, die christlichen und die aller anderen Religionen. Dieser blutrünstige Manager, der unseren Lebenssaft aussaugt, ist auf einmal guter Muslim geworden und versucht uns wegen unserer Religion zu spalten; wir sollten wissen, dass wir nur siegen können, wenn wir unsere Einheit durch die Schora aufrechterhalten.“ [28]

Zweitens hatten die Schoras große Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Rohstoffen und bei dem versuchten wirtschaftlichen Wiederaufbau. Ein typisches Beispiel war die privatkapitalistische Elektro- und Gashaushaltswarenfabrik Asmajesch mit einer Belegschaft von 900 Mitarbeitern. Nach der Revolution wurde der Betrieb unter einem von der Regierung ernannten Manager verstaatlicht. Ein Arbeiter von Asmajesch sagte:

„Nach der Revolution hatten wir Gütervorräte im Wert von 60 Millionen Toman (18 Millionen Mark) in der Fabrik. Noch bevor wir aber zu unserer Arbeit zurückkehrten, hatte das Management das Ganze an Mittelsmänner im Basar verteilt. Wir hatten keine Möglichkeit, die Waren oder das Geld dafür zurückzubekommen. Und das war nicht alles. Vor einem Jahr, also zur Zeit der Streiks und des sich verschärfenden Kampfs gegen den Schah, hatte das vorige Management alle Bestellungen für Rohstoffe storniert. In einem Betrieb wie Asmajesch müssen 90 bis 95 Prozent aller Materialien aus dem Ausland eingeführt werden, und die Bestellungen hierfür müssen ein Jahr vor Lieferung rausgehen. Deshalb konnten wir die Produktion nicht in Gang setzen. Wir gaben nicht auf und entschlossen uns, alles Wertvolle von unserem persönlichem Hab und Gut, Teppiche und so weiter, zu verkaufen, um unsere Fabrik zu retten. Es wurde uns aber sehr bald klar, dass wir auf uns allein gestellt nicht weiterkamen und wir mit dem neuen Management zusammenarbeiten mussten. Wir brauchten Anleihen und finanzielle Unterstützung durch die Regierung, um den Betrieb am Laufen zu halten.“ [29]

Rohstoffe waren nicht das einzige Problem. Viele der modernen Fabriken waren in erster Linie Montagebetriebe, in denen zum Beispiel Pkws aus importierten Teilen von Unternehmen wie General Motors oder Talbot zusammengebaut wurden. Dieses Muster der wirtschaftlichen Entwicklung war ein zentraler Bestandteil der effektiven Integration des Irans in den Weltmarkt und hatte zur Bildung einer Schicht hochqualifizierter Industrieingenieure beigetragen. Viele von ihnen waren ausländische Experten im Auftrag der multinationalen Konzerne, aber die meisten waren Iraner, die in Europa und den USA ausgebildet worden waren. Diese hochqualifizierten iranischen Ingenieure lebten in einer von den normalen Arbeitern getrennten Welt. Sie hatten eine höhere Bildung genossen und waren durch das riesige Lohngefälle begünstigt. Sie arbeiteten eng mit dem Management und den ausländischen Experten zusammen und waren am Prozess der Mehrwertschöpfung beteiligt. Sie besaßen soziale und technische Überlegenheit, die ihnen Autorität über die Arbeiter verlieh.

Die Arbeiter versuchten mittels ihrer Schoras die vollständige Kontrolle über Produktion und Verteilung auszuüben und das arbeiterfeindliche Management an der Wiedererlangung seiner Machtstellung zu hindern, aber die ganze Situation erschwerte ihnen den Weg dahin. Die meisten Arbeiter waren nur ungelernt oder angelernt. Als die wirksamste Kraft in der revolutionären Bewegung gegen den Schah waren sie stark genug gewesen, die Produktion anzuhalten, und jetzt fühlten sie sich stark genug, um die bürgerlichen Produktionsverhältnisse tatkräftig herauszufordern.

Sie befanden sich aber in einem Dilemma. Denn wenn sie nach der Revolution die Produktion unter eigener Kontrolle wieder in Gang setzen und aufrechterhalten wollten, brauchten sie nicht nur die finanzielle Hilfestellung des Staats, sondern auch die Fähigkeiten und das Fachwissen der Ingenieure und anderer technisch ausgebildeter leitender Angestellter.

Viele Besitzer, Manager und Auslandsexperten hatten das Land verlassen. Die zurückbleibenden qualifizierten iranischen Ingenieure waren für die Fortführung der Produktion von entscheidender Bedeutung. Der Vorstellung, dass die iranische Arbeiterklasse ihre Macht durch die Schoras ausübt, standen sie feindlich gegenüber. Als die Arbeiterschoras die Regierung um finanzielle Unterstützung angingen, hatte die Regierung allen Grund, gerade diese Schicht ausgebildeten Fachpersonals in die Betriebe zu schicken, um die Kontrolle darüber zurückzugewinnen.

Der Kampf für Arbeitermacht in den Betrieben hatte einen Wendepunkt erreicht. Denn um ihre Machterrungenschaften am Ort der Produktion zu festigen, brauchten die Arbeiter einen Staatsapparat, der ebenfalls direkt unter ihrer Kontrolle stand und auf ihre Klassenbedürfnisse reagierte. Allein mit ihrer Macht und ihren Mitteln auf Betriebsebene konnten sie die Probleme der wirtschaftlichen Rückständigkeit nicht überwinden. Als die iranischen Arbeiter ihren Widerstand fortzusetzen und ihn in einen Kampf für die Befreiung von Ausbeutung umzuwandeln versuchten, sahen sie sich unmittelbar mit solchen Problemen konfrontiert, die dringend nach weitergehenderen Lösungen riefen.

Nachdem sie so weit gekommen war, wollte die Arbeiterklasse nicht an diesem Punkt stehen bleiben. Sie wollte die Revolution fortsetzen und sie zu ihrer eigenen machen. Die Tatsache, dass sie immer noch eine Minderheit im Lande bildete, bedeutete sicherlich eine objektive Schwierigkeit, aber nicht unbedingt ein unüberwindbares Hindernis. Die zahlenmäßige Zusammensetzung des Industrieproletariats, seine Konzentration, seine Kultur und sein politisches Gewicht sind zweifelsohne durch das Ausmaß der kapitalistischen Entwicklung bedingt. Das sind aber nicht die einzigen Faktoren. Die Macht der Arbeiterklasse hängt nicht nur vom Entwicklungsstand der Produktivkräfte ab, sondern auch von den Traditionen, der Initiative und der Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse. Unter den iranischen Arbeitern waren diese Eigenschaften ganz sicher keine Mangelware.

Das Gründungskomitee der Iranischen Nationalen Arbeiterunion (Schoraje Moassesse Ettehadieh Sarasariehe Karegarane Iran) wurde gebildet, um die einzelnen Räte zu stärken und die Einheit zwischen ihnen zu fördern. Am 1. März gab diese Körperschaft eine Liste von 24 Forderungen heraus:

„Wir, die Arbeiter des Irans, haben durch unsere Streiks, Besetzungen und Demonstrationen den Schah gestürzt. Während dieser Streikmonate haben wir Arbeitslosigkeit, Armut und sogar Hunger erduldet. Viele von uns wurden im Kampf getötet. Wir taten dies alles, um einen Iran frei von Unterdrückung und frei von Ausbeutung zu schaffen. Wir machten die Revolution, um der Arbeitslosigkeit und der Obdachlosigkeit ein Ende zu setzen, um die Sawaksyndikate durch unabhängige Arbeiterschoras zu ersetzen, die durch die Arbeiter eines jeden Betriebs für die eigenen wirtschaftlichen und politischen Bedürfnisse gebildet wurden. Deshalb fordern wir:

1. Anerkennung der Schoras durch die Regierung;

2. Abschaffung des Arbeitsgesetzes des Schahs und Inkrafttreten einer neuen Arbeitsgesetzgebung, die von den Arbeitern selbst geschrieben wird;

3. Lohnausgleich für die steigenden Lebenshaltungskosten;

4. steuerfreie Zulagen;

5. ein kostenloses Gesundheitswesen anstelle des gegenwärtigen halbprivaten Versicherungswesens;

6. Wohnungszulagen sobald wie möglich;

7. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall;

8. eine Fünftage-/Vierzigstundenwoche;

9. Entlassung aller Elemente, die mit dem alten Regime verstrickt sind;

10. Ausweisung aller ausländischen Experten und ausländischen und iranischen Kapitalisten und Beschlagnahme ihres Kapitals im Interesse aller Arbeiter;

11. ein Ende der Herabstufung der Arbeiter gegenüber den Angestellten und einen verlängerten Jahrsurlaub von einem Monat;

12. bessere gesundheitliche Bedingungen in den Fabriken;

13. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall;

14. Schluss mit Disziplinarmaßnahmen und Bußgeldern;

15. Schluss mit dem Eingreifen von Polizei, Armee und Regierung in betriebliche Kämpfe;

16. Beteiligung der Arbeiterschoras an betrieblichen Entscheidungen über Investitionen und den allgemeinen Zustand des Werks, über Ankäufe, Verkäufe, Preisgestaltung und Gewinnverteilung;

17. Bestimmungsrecht der Schoras über Einstellungen und Entlassungen;

18. Demonstrations- und Protestfreiheit und Streikrecht;

19. Rückführung des Kapitals der Kooperativen an die Arbeiter;

20. kostenlose Mahlzeiten und Wascheinrichtungen sowie verbesserte Sicherheitsbestimmungen am Arbeitsplatz;

21. Bereitstellung einer Ambulanz, einer Krankenschwester, eines Bads und einer Kindertagesstätte in den Betrieben;

22. gesetzliche Verträge und Arbeitsplatzsicherheit für alle Zeitarbeiter;

23. Bildung eines ärztlichen Beratergremiums, um die Verfassung kranker Arbeiter zu überprüfen und ihnen Befreiung von der Arbeit und eine Rente zu gewähren;

24. Herabsetzung des Rentenalters im Bergbau und in den Gießereien von derzeit 30 auf 20 Dienstjahre.“ [30]

Die provisorische Regierung Basargans peilte ein ganz bestimmtes Ziel an, nämlich die Gründung und Festigung einer „islamischen Republik“. Was dieser Begriff bedeutete, wurde zunehmend klarer: In einer „islamischen Republik“ sollte es keinen Platz für irgendetwas anderes als orthodoxe kapitalistische Produktionsverhältnisse geben. Die Arbeiterschoras standen da im Weg.

Die provisorische Regierung erklärte die Schoras wegen ihrer Einmischung in das Management und in die Produktion für „anarchistisch“. Dariusch Fruhar, Minister für Arbeit und Soziales, erklärte auf einer Pressekonferenz:

„Das Arbeitsministerium ist für Gewerkschaften und glaubt, dass Arbeiter ihre Interessen nur durch gesunde Gewerkschaften verteidigen können; deshalb wird das Ministerium solche Organisationen unterstützen und beabsichtigt die Auflösung aller anderen überflüssigen Organisationsformen.“ [31]

Während eine normale gewerkschaftliche Betätigung, die sich auf kollektive Verhandlungen beschränkt und die Anerkennung der Managementvorrechte beinhaltet, durchaus mit kapitalistischen Produktionsverhältnissen in Einklang gebracht werden kann, sind Arbeiterräte eine ganz andere Klasse, weil sie unvergleichlich größere Gefahren für den Kapitalismus mit sich bringen. Trotz aller Bemühungen seitens der Regierung ging der Kampf um die Arbeiterkontrolle in den Betrieben weiter.

Die Arbeiterschora auf den Ölfeldern entließ den gesamten Aufsichtsrat der staatlichen Ölgesellschaft wegen „Bestechlichkeit und Arbeiterfeindlichkeit“, setzte ihn vor die Tür und besetzte seine Büros. Hassan Nasih, Generaldirektor der Gesellschaft, klagte:

„Das Management auf diese Weise zu bedrohen, bedeutet einen ernsthaften Schaden für unsere Wirtschaft, insbesondere angesichts der Abwesenheit ausländischer Experten, die den Iran verlassen haben und nicht bereit sind, zurückzukehren, weil wir ihre Sicherheit in dieser Atmosphäre nicht garantieren können.“ [32]

Chomeini selbst hütete sich davor, sich überhaupt öffentlich zu den Schoras zu äußern, obwohl er in verschiedenen Reden zu betrieblichen Auseinandersetzungen, Löhnen, Arbeitsbedingungen und Arbeitslosigkeit Stellung bezog. Aber er offenbarte seine wirkliche Position in seiner Rede zur 1.-Mai-Feier:

„Arbeiter, insbesondere die Ölarbeiter, spielten die wichtigste Rolle beim Sieg unserer Revolution. Und ihr seid es nach wie vor, die die Revolution durch eure Produktion fortsetzen könnt. Aber ihr müsst euch bewusst sein, dass die Hände des Teufels nur darauf warten, euch zu spalten und eure Macht zu schwächen; ihr müsst bewusst und wachsam sein und eurem Land, dem Islam und dem Koran dienen. Der ganze Iran und alle islamischen Länder bilden eine einzige islamische Gesellschaft; jede einzelne islamische Gesellschaft ist ein Zweig jener islamischen Gesellschaft, die unter der Führung Gottes und des abwesenden lmams [des Messiahs] steht. Wir müssen uns in dieser islamischen Gesellschaft zusammenschließen.“ [33]
 

Der Kampf der Arbeitslosen

Die hohe Arbeitslosigkeit machte den Arbeitern schwer zu schaffen. Nach den amtlichen Statistiken arbeiteten nur 50 Prozent der Industriebetriebe, und die wiederum waren nur zu 80 Prozent ausgelastet. Unter den Bedingungen der revolutionären Aufwallung war das Privatkapital nicht sicher und deshalb auch zu Investitionen nicht bereit, und die Regierung selbst besaß nicht die Mittel, um den wirtschaftlichen Wiederaufbau zu finanzieren.

Der Rückgang der Öleinkünfte zusammen mit der importierten und einheimischen Inflation machte die Wirtschaftskrise besonders verstrickt. Die Öleinnahmen waren zum Teil zur Deckung der Importe von Lebensmitteln, Rohstoffen, Fertigprodukten und Dienstleistungen sowie für die Bezahlung ausländischer Experten und Arbeiter verwendet worden. Der Sturz des Schahs brachte einige notwendige Einsparungen mit sich, weil die Korruption abnahm und eingeplante Etats für teure Waffen und extravagante Musterprojekte zusammengestrichen werden konnten. Aber diese Einsparungen reichten nicht aus, um bessere ökonomische Bedingungen für die Masse der Bevölkerung zu ermöglichen, denn der Iran blieb viel zu abhängig von den Öleinkünften, um diesen Reformen die notwendige Durchschlagkraft zu verleihen.

Als Antwort auf die Wirtschaftskrise schloss die Regierung die soeben verstaatlichten Betriebe, entließ einen Teil der Belegschaften, kürzte Löhne und schaffte Dienstleistungen am Arbeitsplatz wie Kindertagesstätten, Waschmöglichkeiten und Kantinen ab; gleichzeitig versprach die Regierung lauthals den Bau neuer Häuser für die Armen, Auszahlung von Arbeitslosengeld und sogar Lohnerhöhungen in naher Zukunft.

Es waren insbesondere die entlassenen Arbeiter, die für die Finanzkrise zur Kasse gebeten wurden. Nach der Revolution blieben diese arbeitslosen Arbeiter, nach amtlichen Statistiken vier Millionen bei einer Gesamtarbeiterschaft von zehneinhalb Millionen, in den Großstädten. Am schlimmsten waren die Bauarbeiter betroffen, die das größte Kontingent der Arbeitslosen bildeten. Bereits während des letzten Jahrs unter dem Schah hatten sie unter dem Rückgang der großen Bauprojekte zu leiden gehabt, ein Umstand, der seinerseits zur revolutionären Situation beigetragen hatte. Oft stammten die Arbeitslosen aus ländlichen Gebieten, waren ungelernt und hatten nur niedrige Löhne bekommen. Meistens hatte es sich um Tagelöhner gehandelt, die unter dem Schahregime besonders schwierig zu organisieren gewesen waren. Aber die Monate der Mobilisierung gegen den Schah hatten eine tiefe Wirkung auf das Bewusstsein der Arbeitslosen gehabt. Nach der Revolution beteiligten sie sich an den politischen Versammlungen, die die Studenten und verschiedene linke Organisationen veranstalteten, und an den Betriebsversammlungen der beschäftigten Arbeiter. Sie selbst organisierten in Großstädten verschiedene Demonstrationen gegen die Arbeitslosigkeit und forderten Arbeitsplätze oder staatliche Unterstützung.

In lsfahan, einer der großen Industriestädte im Süden, wurde eine Arbeitslosendemonstration von „Revolutionsgarden“, Chomeini-Anhängern, angegriffen und ein Arbeiter wurde dabei getötet. Dieser Übergriff führte zu weiteren Demonstrationen und Sitzstreiks in anderen Städten. In Teheran besetzten Arbeiter das Justizministerium und das Arbeitsministerium. Sie verlangten, die Nachricht von ihren Protesten über Rundfunk und Fernsehen zu verbreiten. Sie forderten auch die Aufhebung der Zensur, die Sadeg Ghotbsadeh, Chomeinis Rundfunkchefintendant, erst kürzlich verhängt hatte. Sie schickten eine offene Botschaft an Chomeini:

„Die Komitehs haben auf uns geschossen. Man wirft uns vor, subversive Elemente zu sein. Wir sind Arbeiter ohne Beschäftigung, wir haben die Revolution gemacht und wir wollen unser Land wieder aufbauen. Wir werden unsere Proteste fortsetzen, bis wir unser Ziel erreichen.“ [34]

Einer der Arbeiter im besetzten Arbeitsministerium sagte:

„Ich schlage vor, dass wir hier bleiben, bis dieses Ministerium der Bosse zu einem Ministerium der Arbeiter wird. Der Arbeitsminister sollte wissen, dass er Minister in einer provisorischen Regierung und selbst nur provisorisch, nicht auf Dauer eingesetzt ist. Es ist seine Pflicht, den Besitzern und Managern zu sagen, dass sie 25 Jahre lang Millionen und Abermillionen geraubt haben, wieso sollen sie denn nun auf einmal bankrott sein? Wir wollen eure Versprechungen nicht, wir wollen Taten sehen. Werft uns nicht Ungläubigkeit vor. Ihr erfüllt unsere Forderungen, und wir werden statt 17-mal 37-mal am Tag beten“ [35]

Die Arbeitslosen verwandelten das ehemalige Hauptquartier der alten, vom Sawak kontrollierten Gewerkschaften in Teheran in ein Versammlungszentrum. Sie nannten das Gebäude „Chaneh Kargar“ (Arbeiterheim). Jeden Tag schickten erwerbslose Arbeiter aus verschiedenen Städten Delegierte ins Haus, um örtliche Probleme der Arbeitslosigkeit zu diskutieren, zukünftige Aktionen festzulegen und an Sitzstreiks, Demonstrationen und Besetzungen teilzunehmen. Auch die Schoras verschiedener Betriebe schickten Delegierte ins Chaneh Kargar, um ihre Solidarität mit den Arbeitslosen zu bekunden und sie aufzufordern, sich am Kampf zur Verteidigung der Schoras zu beteiligen.

Die erwerbslosen Arbeiter spielten auch eine wichtige Rolle bei den Demonstrationen zum 1. Mai. Diese Demonstrationen waren eine Machtprobe zwischen der Arbeiterbewegung und der provisorischen Regierung. Das Gründungskomitee der Iranischen Nationalen Arbeiterunion rief alle beschäftigten und erwerbslosen Arbeiter auf, den 1. Mai durch Beteiligung an der vom Chaneh Kargar ausgehenden Arbeiterdemonstration zu feiern. An diesem Tage führten erwerbslose Männer und Frauen und ihre Kinder den Demonstrationszug an, sie trugen ihre eigenen Fahnen und beglückwünschten sich gegenseitig zur Feier des Tags der Arbeiter. Nach ihnen kamen die beschäftigten Arbeiter, wobei jeder Betrieb und jede Industrie mit eigenen Bannern vertreten war. Schüler und Studenten und politische Organisationen unterstützten ebenfalls den Marsch.

Die Arbeiterdemonstration war riesig. Es dauerte sechseinhalb Stunden, bis alle eineinhalb Millionen Teilnehmer in den Straßen Teherans vorbeimarschiert waren. Losungen in Farsi, Arabisch, Kurdisch und Aserbaidschanisch drückten die Forderungen der Marschierer aus: „Schulen für Kinder, nicht Kinderarbeit!“, „Verstaatlichung aller Industrien!“, „Es gibt keinen netten Kapitalisten auf der Welt!“, „Lang leben die echten Gewerkschaften und die echten Schoras!“, „Tod dem Imperialismus!“, „Tod Amerika!“, „Zahlt die Löhne aus!“, „Gleiche Bezahlung für Männer und Frauen!“, „Heute ist der Neujahrstag der Arbeiter: In unserem ersten neuen Jahr gedenken wir all derjenigen, die ihr Leben für die Revolution opferten“, „Einheit ist alles, Zwietracht nichts“, „Für Redefreiheit, für Pressefreiheit!“, „Nieder mit den alten Arbeitsgesetzen, schreibt ein neues Gesetz unter Mitwirkung der Arbeiter!“, „Arbeiter und Bauern, vereint im Kampf!“, „Arbeit für die Arbeitslosen!“

Mancherorts wurde der Demonstrationszug von kleinen Gruppen islamischer Schläger gestört, die antikommunistische und proislamische Losungen riefen. Die Demonstranten antworteten: „Die Arbeiter werden siegen, die Reaktionäre werden geschlagen!“ Als die Schläger Gewalt androhten, beschlossen die Veranstalter der Demonstration und die politischen Gruppen, ihnen nicht entgegenzutreten, da „sie bloß eine kleine Gruppe“ seien. Sie waren sogar bereit, die Demonstrationsstrecke zu ändern, um einer Konfrontation mit diesen Handlangern des Regimes aus dem Weg zu gehen. Die islamischen Gruppen betrachteten das jedoch als ihren Sieg, rissen Plakate und Fahnen herunter und schrien: „Lang lebe Chomeini, lang lebe der Islam, Tod den Kommunisten!“ So ließen es die Veranstalter der Demonstration zu, dass trotz der Größe des Arbeiterzugs die politische Initiative teilweise auf ihre zahlenmäßig weitaus unterlegenen Widersacher überging.

Währenddessen organisierte die neu gegründete Islamische Republikanische Partei (IRP) eine separate Kundgebung vom lmam-Hossein-Platz in Ostteheran aus. Es gelang ihnen lediglich, einige tausend Demonstranten zusammenzutrommeln, die mit ihren Losungen den arbeiterfeindlichen Charakter dieser Konkurrenzveranstaltung ausdrückten: „Arbeiter und Bauern, der Islam ist euer wirklicher Unterstützer“, „Muslimische Arbeiter, wir müssen heute hart arbeiten“, „Spaltungen und Agitation sind das Werk von Verrätern“, „Wir sind Anhänger des Korans, wir wollen keinen Kommunismus“, „Der Islam ist siegreich, die Verschwörer werden geschlagen“.

Die Mudschaheddin weigerten sich, an der unabhängigen Arbeiterkundgebung teilzunehmen, aus Angst, dies könnte als Gegnerschaft zur islamischen Republik aufgefasst werden. Auch sie veranstalteten ihre eigene separate Demonstration in Karadsch, in der Nähe von Teheran, an der sich allerdings nur einige tausend Menschen beteiligten, überwiegend ihre eigenen Mitglieder und Anhänger. Ihre widersprüchliche Haltung zeigte sich in ihren versöhnlerischen Losungen: „Unterstützt Chomeini!“ und „Unterstützt die Schoras!“, „Unterstützt die Verstaatlichung aller Industrien!“.
 

Die islamische Reaktion

Die Ereignisse vom 1. Mai zeigten die potenzielle Macht der Arbeiterbewegung, machten aber auch zwei weitere Faktoren deutlich. Erstens die offene Feindschaft des Regimes gegen jede unabhängige Aktivität der Arbeiterklasse. Zweitens die Verwirrung der iranischen Linken.

Die Aktionen der islamischen Schlägertrupps waren nichts Neues. Schon wenige Tage nach dem Sturz des Schahs ermunterte das neue Regime fanatische islamische Gruppen, die demokratischen Rechte und Forderungen aller Gesellschaftsgruppierungen anzugreifen, und hatte dazu auch die eigenen Kräfte eingesetzt. Die Frauen, die nationalen Minderheiten, die Bauern, die Arbeitslosen und die Linken hatten alle unter dem Ansturm zu leiden gehabt. Aber der Widerstand dagegen war geteilt.

Warum wurde den Schlägern am 1. Mai keine Lehre erteilt und ihnen dieser symbolische Sieg streitig gemacht? Fürwahr, warum hat man ihnen überhaupt so viele andere Siege zugestanden? Der Hauptgrund war, dass die Linken ihre eigentliche Aufgabe darin sahen, den oppositionellen Aktivitäten der Arbeiterklasse und anderer zu folgen, anstatt selbst aktiv einzugreifen und alternative Strategien vorzuschlagen. Sie glaubten theoretischen Auseinandersetzungen mit anderen Strömungen innerhalb der Arbeiterbewegung aus dem Weg gehen zu müssen. In der Praxis bedeutete das im Endergebnis, dass sich die Linken nicht von den fortschrittlichsten, sondern den rückständigsten Teilen der Arbeiterklasse leiten ließen, von jenen, die am direktesten unter dem Einfluss der Chomeinianhänger standen.

Viele Mitglieder der linken Organisationen bemühten sich, ihren mittelständischen Ursprung zu vertuschen, indem sie sich wie Arbeiter kleideten und wie Arbeiter zu sprechen versuchten. Sie glaubten, diese Verstellung sei notwendig, um das Vertrauen der Arbeiter zu gewinnen. Zu einem späteren Zeitpunkt, so hofften sie, würden sie dann ihre wirklichen Ideen vortragen können. Währenddessen vermieden sie es, womöglich unpopuläre Positionen zu vertreten, und überließen somit der islamischen Reaktion das Feld.

Diese Herangehensweise und die gefährlichen Konsequenzen zeigten sich zum ersten Mal in der Frage der Frauenrechte. Am 26. Februar 1979 leitete das Chomeiniregime eine Offensive gegen die Frauen ein, indem es das ohnehin geringe Rechte gewährende Reformgesetz des Schahs zum Schutz der Familie aufhob. Chomeini gab das exklusive Scheidungsrecht den Ehemänner wieder zurück und erlaubte ihnen zugleich, sich vier Ehefrauen auf Dauer und eine unbegrenzte Zahl von vorübergehenden Ehefrauen (Sighe) ohne Zustimmung der ersten Ehefrau zu nehmen. Wenige Tage später, am 3. März, wurde den Richterinnen die Ausübung ihres Berufs untersagt, da nach dem Islam Frauen zum Richten nicht geeignet seien. Am 6. März ließ das Verteidigungsministerium Frauen aus dem Militärdienst entfernen (den einige Frauen als Möglichkeit, das Schießen zu lernen, angetreten hatten). Und am 7. März verkündete Chomeini, dass es zwar kein generelles Arbeitsverbot für Frauen geben werde, sie aber den islamischen Schleier (Hidschab) tragen müssten.

Als Millionen Frauen am nächsten Tag den internationalen Frauentag feierten und gegen die frauenfeindlichen islamischen Gesetze protestierten, griffen Schläger der Hisbollah, der „Partei Gottes“, Frauen mit Steinen an, und islamische Fundamentalisten der Komitehs und Pasdaran (der Chomeini verbundenen Revolutionsgarden) eröffneten das Feuer auf Demonstrantinnen. Tag für Tag, eine ganze Woche lang, gingen mehrere Millionen Frauen auf die Straße, um gegen Chomeinis islamische Gesetze, die jeden Bereich ihres Lebens berührten, zu protestieren. Die iranische Linke unternahm keinen Versuch, Solidarität für die Frauensache unter den Arbeitern zu organisieren, sondern ging der Auseinandersetzung weitgehend aus dem Weg. Einige argumentierten sogar, dass die Forderungen der Frauen „bürgerlich“ und deshalb nicht zu unterstützen seien.

Somit wurde die Position der Chomeinikräfte insbesondere in den Komitehs gestärkt. Wie wir uns erinnern, gründeten sich die Komitehs unmittelbar nach der Revolution und hatten bald einen Großteil der örtlichen Verwaltung unter ihre Kontrolle gebracht. Ursprünglich waren sie von Revolutionären und jungen Männern aus der Arbeiterklasse und den städtischen Armen gebildet worden, die während der Monate des Massenkampfs gegen den Schah mit revolutionären Ideen in Berührung gekommen waren.

In Teheran und den anderen Großstädten übten die Fedajin und Mudschaheddin einen beträchtlichen Einfluss innerhalb der Komitehs aus, die im Allgemeinen unter Kontrolle der jeweiligen Führer der dortigen Bewegungen standen. Somit standen die Komitehs Kurdistans unter der Führung der Demokratischen Partei Kurdistans und des radikalen, marxistischen Ideen gegenüber aufgeschlossenen religiösen Führers Scheich Ezz ad-Din Hosseini. Die Komitehmitglieder in Aserbaidschan folgten dem liberalen Ajatollah Schariatmadari. In Chusistan, dem Land der arabischen Minderheit, waren sie Anhänger der Guerillaorganisationen und des radikalen Ajatollahs al-Schabir Chaghani. In Turkmensahra und in Belutschistan waren es wiederum die Guerillaorganisationen, die die Führung innehatten, und unter ihrem Einfluss beschlagnahmten die Komitehs Ländereien der königlichen Familie und von Großgrundbesitzern, die das Land verlassen hatten.

All diese Gruppen bekämpften Chomeinis Pläne für eine islamisch-schiitische Republik. In anderen Gegenden wiederum, in denen die politischen Gruppen der Linken keinen Einfluss hatten, standen die Komitehs unter der Kontrolle der vom schiitischen Klerus und von Chomeinis Anhängern geleiteten Basars und Moscheen.

Die hohen Polizei- und Armeeoffiziere waren aus dem Land geflüchtet, und die geblieben waren, zeigten sich enttäuscht und unterstützten nicht das neue Regime. Deshalb fehlte dem Regime eine zuverlässige Armee und Polizei. Das Regime musste neue Kräfte sammeln, um seine Existenz zu verteidigen und seine Interessen durchzusetzen. Es begann die Zuverlässigeren der Komitehs in Staatsorgane umzuwandeln und unternahm gleichzeitig alle Anstrengungen, die oppositionell gesinnten zu zerschlagen. Es heuerte Elemente mit einer starken ideologischen Verbindung zum Regime an und wies ihnen eine soziale und ideologische Funktion auf den Gebieten zu, die die Chomeinianhänger unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Diese Männer wurden Teil des neuen Staatsapparats. Ihrerseits gingen sie dazu über, ihre Familienmitglieder anzustellen (ein nicht unwesentlicher Faktor im Iran, wo die erweiterte Familie eine wichtige Rolle spielt). Unterdessen führte die Linke überhaupt keinen systematischen theoretischen Kampf in den Komitehs. Auf diese Weise wurden die Komitehs innerhalb kürzester Zeit zur Polizei des Regimes und sie begannen, die revolutionären Elemente aus den eigenen Reihen zu säubern. Bereits im März, nur wenige Wochen nach dem Sieg der Revolution, hatten sie ihre Position durch die Bildung einer fanatischen Elitetruppe von Pasdaran in den Komitehs festigen können, die sich die Aufgabe stellte, jedwede Aktivität gegen die islamische Republik brutal niederzuschlagen. Sie waren faktisch Chomeinis neue Sawakorganisation, die auf den Straßen, in den Betrieben und unter den nationalen Minderheiten Terror verbreitete.

Nach den Frauen waren die nationalen Minderheiten an der Reihe. Am 18. März wurden kurdische Dörfer zerbombt, weil sie das nationale Selbstbestimmungsrecht gefordert und Land der Großgrundbesitzer beschlagnahmt hatten. Am 29. März eröffneten die Truppen das Feuer auf turkmenische Bauern in Gonbadkawus, weil auch sie Land genommen hatten.

Die Organisationen der iranischen Linken standen abseits von diesem Kampf, da sie die Forderung der wichtigsten kurdischen Organisationen nach Selbstbestimmung einschließlich des Rechts auf Lostrennung vom Iran nicht unterstützten. Somit ordneten sie ihre Politik dem iranischen Nationalismus unter.

Die Regierung Basargans war bemüht, ihre Position auszubauen, und preschte nun mit ihren Vorschlägen für eine islamische Verfassung vor. Sie erklärte den 30. März zum „Tag des Volksentscheids für die islamische Republik“. Die Tudehpartei und die Mudschaheddin unterstützten die Vorschläge des Regimes, dagegen traten die übrigen Linken, die Frauenorganisationen, die nationalen Minderheiten und die Schoras zahlreicher Betriebe für einen Boykott des Volksentscheids ein. Sie forderten statt der eng ausgelegten islamischen Regierungsform eine verfassunggebende Versammlung bestehend aus freigewählten Vertretern der verschiedenen Gesellschaftsgruppierungen, die die Gestaltung der neuen Republik selbst bestimmen sollten.

Die erste Maßnahme der Regierung zur Vorbereitung des Referendums bestand in der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, bevor sie die auf nun 24 Millionen angeschwollene Wählerschaft zu den Wahlurnen rief. Gleichzeitig schürte sie ganz systematisch jenes Klima der Einschüchterung und Angst, wie sie die Menschen erst kürzlich noch unter dem Schah erlebt hatten. Um „konterrevolutionäre Aktivitäten zu bekämpfen“, verkündete sie, würde die Armee bis zum Abschluss des Volksentscheids in Alarmbereitschaft bleiben.

Für das Referendum selbst stellte sie nur zwei verschiedene Wahlzettel her, einen roten mit „Nein“ und einen grünen für „Ja“. Mitglieder der örtlichen Komitehs händigten den Wählern den von ihnen bevorzugten Zettel einzeln aus und stempelten gleichzeitig die Ausweise der Teilnehmer. Der Ausweis war jahrelang als effektives Mittel zur Überwachung aller individuellen Aktivitäten im Iran eingesetzt worden. Er war bei allerlei Angelegenheiten erforderlich: bei Schul- und Universitätsbesuch, Ein- und Verkäufen, Eheschließung, Auslandsreisen, Militärdienst und so weiter. Jahrelang hatten die Menschen in einer Atmosphäre der Angst gelebt, die die Geheimpolizei und die systematische Unterdrückung freier Wahlen geschaffen hatten. Jetzt hatten sie wieder Angst. Falls sie den Volksentscheid boykottierten, würden sie keinen Stempel in ihren Ausweis bekommen, und falls sie sich für den „Nein“-Zettel entschieden, würde das örtliche Komiteh ihren Namen aufschreiben.

Trotz dieses Einschüchterungsklimas wurden größere Zusammenstöße zwischen Menschenmengen und den örtlichen Komitehs und Pasdaran aus allen Landesteilen gemeldet. In Kurdistan und Turkmensahra verbrannten die Menschen Wahlurnen. Obwohl das Endergebnis niemals veröffentlicht wurde, stellte das Regime eine eindeutige Mehrheit für die islamische Republik fest. Mit diesem Ergebnis gewappnet lehnte die Provisorische Regierung alle Forderungen der Arbeiter, Frauen, nationalen Minderheiten, Studenten, Intellektuellen und der Schoras nach einer verfassunggebenden Versammlung rundweg ab. Stattdessen traf sie Vorbereitungen für die Einberufung einer Versammlung islamischer Experten, um die islamische Verfassung zu bestätigen. Die Revolutionsgarden (Pasdaran) erhielten jetzt eine gesetzliche Grundlage und wurden Haschemi Rafsandschani, dem späteren Präsidenten des islamischen Parlaments, unterstellt.

Ihre Aufgabe bestand darin, „die islamische Revolution zu retten“. Diese organisierten und bewaffneten Gruppen von islamischen Fundamentalisten bildeten jetzt den Kern der Polizeikräfte des neuen islamischen Staatsapparats. Die Islamische Republikanische Partei war gegründet worden, um den Einfluss linker Gruppierungen zurückzudrängen und überall dort, wo revolutionäre Forderungen erhoben wurden, Gegendemonstrationen zu organisieren.

Wie wir weiter oben sahen, eröffneten die Pasdaran am 10. April das Feuer auf eine Arbeitslosendemonstration in Isfahan. Sie stürmten auch linke Buchläden und verbrannten Schriften mit dem Ruf „Allahu akbar!“ (Gott ist größer). Das Regime übernahm die Kontrolle über Rundfunk- und Fernsehanstalten, aus denen es „unislamische“ Frauen und alle Linken vor die Tür setzte. Mit Messern und Schlagstöcken bewaffnete Banden griffen Büros, Buchläden, Versammlungen und Demonstrationen sowohl der Linken als auch der Mudschaheddin an. Jeder, der nicht ein fanatischer Muslim war, wurde als „konterrevolutionär“ abgestempelt.

Das Regime zog die Schraube der Unterdrückung immer stärker an, verbot fortschrittliche Zeitungen und übte ein Monopol über die offiziellen Medien aus. Die Armeeoffiziere des Schahs wurden wieder eingestellt und für ausgedehnte Militäroffensiven gegen Kurdistan und Chusistan eingesetzt. Die örtlichen Komitehs, die sich jetzt Islamische Komitehs nannten, wurden von allen revolutionären Elementen gründlich gesäubert, an ihre Stelle traten islamische Fundamentalisten.

Schlag auf Schlag folgte dann eine Serie von Angriffen auf die Arbeiterbewegung, darunter Säuberungen der Schoras und Entlassung einzelner Arbeiter. Das Regime setzte die islamische Ideologie ein, um die Arbeiterklasse zu spalten. Die Schoras, so wurde verkündet, müssten islamisch sein. Das Regime wollte den Einfluss der Revolutionäre unter den Arbeitern schmälern. Es wurden neue Begriffe für Kapitalisten und Arbeiter eingeführt. Die Arbeiter wurden jetzt Mostasafin (Unterdrückte) und die Kapitalisten Mostakberin (Unterdrücker) genannt. Chomeini selbst betitelte sich als Schützer der Mostasafin, während alle Gegner seines Regimes die Bezeichnung Mostakberin erhielten.

Auf die rückständigeren Teile der Arbeiterklasse übten diese neuen Begriffe eine starke Anziehungskraft aus. Sie identifizierten sich mit Chomeinis Sprachregelung und mit der Idee der lslamisierung der Schoras. Jedoch war ihre Unterstützung für Chomeini von tiefen Widersprüchen gekennzeichnet, die ihnen teilweise bewusst waren. Denn sie lehnten die staatlich ernannten Manager ab und glaubten, dass die Schoras alle Entscheidungen selbst treffen sollten. Ein Arbeiter stellte die Sache folgendermaßen dar:

„Wenn sie die Rechte unserer Schora nicht anerkennen, wird es Sitzstreiks und Sabotage geben. Wenn sie die Schora verbieten, werden ihnen die Arbeiter den Zutritt zum Betrieb verwehren. Wenn sie die Schora auflösen, werden sie selbst gehen müssen.“ [36]

In Wirklichkeit jedoch hing trotz aller antikapitalistischen und antiimperialistischen Losungen des Regimes und trotz Chomeinis behaupteter „Unterstützung für die Mostasafin“ die Festigung des islamischen Staats von der Wiederbelebung und Stärkung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse ab. Die Situation wurde noch weiter kompliziert durch die Tatsache, dass die Mudschaheddin zwar für die Islamischen Schoras waren, aber eine viel liberalere Auffassung davon hatten als Chomeini. Die Fedajin und andere wollten ihrerseits die Islamisierung nicht prinzipiell bekämpfen, denn sie glaubten, Zugeständnisse an die Vorstellungen der rückständigsten Teile der Arbeiterklasse machen zu müssen, um „ihr Vertrauen zu gewinnen“. Die Islamisierung machte deshalb keineswegs überall in der Industrie dieselben Fortschritte. Der Ausgang in den verschiedenen Betrieben hing vom Ausmaß des Arbeiterbewusstseins und von dem mehr oder minder starken Einfluss der Linken ab.

Am 9. August verkündete Chomeini die Schaffung einer neuen islamischen Organisation, der des „Kreuzzugs für den Wiederaufbau“. Die Arbeiter wurden zur bedingungslosen Zusammenarbeit mit dieser Organisation aufgefordert. Von jetzt an, so erklärte Chomeini, würden Streiks als Verbrechen gelten, denn die Zeit für den „Wiederaufbau“ sei gekommen. [37] Unmittelbar nach dieser Ankündigung traten die islamischen Gesellschaften und die Schoras für die Wiedereinführung der 48-Stunden-Woche ein. Sie fingen an, Arbeiter zu beurlauben, damit sie auf dem Land arbeiteten, Straßen kehrten, die Fenster der Ministerien putzten und Ähnliches mehr.

Arbeiter aus großen Montagebetrieben wie General Motors, Caterpillar und Iran National, alles Unternehmen, die stark auf importierte Bauteile angewiesen waren, mussten sich jetzt auf einmal an „Wiederaufbaukreuzzügen“ beteiligen. Ihnen wurde gesagt, die Verringerung der Produktion dürfe nicht zum Nichtstun führen. Viele Arbeiter weigerten sich und nahmen an Streiks und Besetzungen teil. Ein Arbeiter von Iran International, einem Tochterunternehmen von Talbot, sagte: „Trotz der Millionen Arbeitslosen holen sie uns aus den Betrieben, wo wir produktiv arbeiten können, und schicken uns auf diesen Wiederaufbaukreuzzug.“ Ein anderer Arbeiter, diesmal von General Motors, stellte die Frage:

„Warum kann die Regierung die Kapitalisten, die ihr Kapital auf europäische Banken verbracht haben, nicht zwingen, es zurückzubringen, damit wir die Produktion weiterführen und die Industrie und die Landwirtschaft modernisieren? Das wäre wirklicher Wiederaufbau.“ [38]

Natürlich hatte das Regime ein ganz bestimmtes politisches Ziel vor Augen, als es Fach- und gelernte Arbeiter aus den Betrieben zu entfernen versuchte. Wenn es die kämpferischsten und bewussten Schichten von den Belegschaften fernhalten konnte, würde es viel einfacher, die islamischen Gesellschaften und Schoras zu stärken.

In der Folge von Chomeinis Dekret wurden Streiks und Besetzungen als „kommunistische Verschwörungen“ gebrandmarkt und den bewaffneten Überfällen der Komitehs ausgesetzt. Anfang Oktober wurde das Arbeitslosenzentrum Chaneh Kargar durch das örtliche Komiteh besetzt. Zweimal eroberten es sich die erwerbslosen Arbeiter wieder zurück.

Der Herbst 1979 war eine entscheidende Periode für das Regime. Denn trotz intensivster Unterdrückung ging der Widerstand an unzähligen Orten weiter. Eine große Anzahl Frauen widersetzte sich den neubelebten islamischen Gesetzen, Betriebe wurden weiterhin besetzt gehalten, überall im Land fanden noch Arbeitslosendemonstrationen und -versammlungen statt, Bauern waren nach wie vor in Landbesetzungen und Kämpfe mit den Garden des Regimes verwickelt, während sich der Krieg zwischen den nationalen Minderheiten und der Zentralregierung seinem Höhepunkt näherte.

Die iranische herrschende Klasse war ebenfalls gespalten, und der Machtkampf zwischen den verschiedenen Fraktionen des Regimes spitzte sich zu. Die Regierung Basargans vertrat eine bürgerlich-nationalistische Tendenz, die ein kapitalistisches Wiederaufbauprogramm nach westlichem Muster anstrebte. Dagegen befürwortete eine staatskapitalistische Tendenz innerhalb der Islamischen Republikanischen Partei weitgehende Vergesellschaftungen und eine Zentralisierung der Wirtschaft. Schließlich befürwortete die islamisch-fundamentalistische Hodschatieh-Gruppe eine Politik des islamischen Privatkapitalismus gestützt auf den Basar und ein gestärktes Kleinbürgertum.

Noch konnte keiner dieser verschiedenen Flügel der Bourgeoisie die Vorherrschaft für sich behaupten, und niemand im Regime schien eine klare Vorstellung von dem weiteren Weg zu haben.

In dieser Situation, als die iranische Revolution mehr oder weniger auf der Stelle trat, begann eine Welle „antiimperialistischer“ Aktivitäten, die in der Besetzung der US-Botschaft am 4. November 1979 gipfelten. Der „antiimperialistische Kampf“ diente als wirksames Instrument sowohl zur Beilegung des Konflikts innerhalb der herrschenden Klasse als auch zur Beendigung der Bewegung um Arbeiterkontrolle in den Betrieben.
 

Die Besetzung der US-amerikanischen Botschaft

Am 4. November 1979 besetzte die „Islamische Studentenbewegung für Imam Chomeini“ die amerikanische Botschaft in Teheran. Das Regime organisierte Demonstrationen „gegen den Imperialismus“ und stiftete somit vollkommene Verwirrung unter all seinen Gegnern im Land. Alle politische Aufmerksamkeit, alle Aktivitäten wurden jetzt auf die „antiimperialistische“ Kampagne umgelenkt. Die linken Gruppen, die völlig im Dunklen tappten, ließen jede unabhängige Aktivität gegen das Regime fallen und stürzten sich in hitzige Debatten über den „antiimperialistischen“ Charakter der Chomeini-Regierung.

Die iranische Linke hatte vergessen, dass trotz des Siegs der Revolution und der Zerstörung des kaiserlichen Schahregimes der alte Staatsapparat im Wesentlichen noch im Sattel saß. Nach einer Einschätzung der US-Regierung [39] waren zwar 30 Prozent des Offizierskorps des Schahs entfernt worden, 70 Prozent waren aber geblieben. Einige Banken, Versicherungen und private Industriekonzerne waren verstaatlicht worden, aber unter islamischen Gesetzen und unter der Kontrolle von islamischen Organisationen und nicht unter Arbeiterkontrolle. Die Versprechungen an die nationalen Minderheiten waren vergessen und gebrochen worden, denn der persische Chauvinismus und die Islamisierung der Gesellschaft unter schiitischer Herrschaft ließen keinen Platz für Minderheitenrechte übrig.

Chomeinis geschickte Ausnutzung der religiösen Frage hatte die Opposition bereits erheblich geschwächt. Nun setzte Chomeini mit der Besetzung der US-Botschaft auf die militante nationalistische Karte, um deren Verwirrung vollends zu machen. Es gelang ihm, die linke Opposition zu spalten. Chomeini erklärte, alle Probleme, die in den Fabriken, bei den Frauen und unter den nationalen Minderheiten entstanden, seien das Werk des US-Imperialismus. Es sei der US-Imperialismus, den die Regierung vielerorts, in Kurdistan, Täbris, Turkmensahra und Chusistan, bekämpfe. Frauen, die die islamischen Gesetze ablehnten, seien US- und zionistische Agenten. Arbeiter, die sich den islamischen Schoras widersetzten, seien Agenten des Imperialismus.

Die Tudehpartei übernahm Chomeinis Argumentationslinie. Die größten unter den linken Organisationen, die Fedajin, die Mudschaheddin und die Pejkar [40] , wandten sich ebenfalls vom Kampf ab und überließen die militanten Arbeiter, die Frauen und die nationalen Minderheiten, auf die sie einen gewissen Einfluss ausübten, ihrem Schicksal. Um ihre Position zu rechtfertigen, beriefen sich alle linken Parteien jetzt auf einmal auf den „niedrigen Bewusstseinsstand“ der Arbeiter. Sie behaupteten fälschlicherweise, dass die Forderungen der Schoras rein wirtschaftlichen Charakter trügen. Die Fedajin und Pejkar erklärten, die Schoras müssten unter Leitung der linken Parteien an politische Forderungen herangeführt werden. Für einen Sozialisten ergibt das auch durchaus Sinn, nur dass die vorgeschlagenen politischen Forderungen nichts anderes als nationalistische waren. Die Haltung der Mudschaheddin zu den Schoras war die, dass eine Brücke zwischen diesen Organen der Arbeiterkontrolle und der islamischen Ideologie geschlagen werden müsse, um so den Sozialismus der Sowjets mit dem Islam zu verbinden. Unter den Bedingungen der Besetzung der US-Botschaft, darin waren sich alle Linken einig, müssten alle Kräfte eine Einheit mit der „progressiven antiimperialistischen Bourgeoisie“ bilden.

Die nationale Mobilisierung um die Besetzung der amerikanischen Botschaft verschaffte Chomeini das ideale politische Klima, um die Opposition zum Schweigen zu bringen, und ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Ein neues Referendum für die vorgeschlagene islamische Verfassung wurde angekündigt. Jeder, der das Referendum ablehnte, wurde als Zionist und Agent des Imperialismus gebrandmarkt.

Alle linken politischen Gruppen unterstützten das Referendum, „um den antiimperialistischen Kampf nicht zu gefährden“. In Täbris jedoch, dem Sitz der turksprachigen Aseri, organisierten Anhänger des Ajatollah Schariatmadari, führender Vertreter des liberalen Klerus, einen Generalstreik und eine Massendemonstration gegen Chomeinis islamische Verfassung. Diese wurden brutal unterdrückt. Auf diese Weise wurden sogar Teile des Klerus und der liberalen Bourgeoisie, die die neue Verfassung ablehnten, zum Schweigen gebracht.

Die neue Verfassung garantierte die Freizügigkeit, Presse- und Organisationsfreiheit, sowie Versammlungs- und Redefreiheit, Religionsfreiheit (mit Ausnahme des Bahaiglaubens) und andere Freiheiten – aber eben nur im Rahmen des „islamischen Maßstabs“. Frauen mussten in der Öffentlichkeit islamische Kleidung tragen. Musik und Alkohol waren verboten. Jegliche Kritik an der Islamischen Republik oder am Islam selbst wurde aus der Presse und anderen Medien verbannt. Andere Religionen neben dem schiitischen Islam – wiederum mit Ausnahme des Bahaiglaubens [41] – waren erlaubt, aber ihre Anhänger mussten nach den islamischen Regeln handeln, beispielsweise was Frauen, Alkohol und Musik betraf. Andere Nationalitäten durften existieren, aber ihre Sprachen und Kulturen waren nicht anerkannt.

In den Betrieben wurde das Islamisierungsprogramm mit Hilfe der islamischen Schoras und Gesellschaften vorangetrieben. Eine Welle wilder Streiks brach erneut aus, um die Enteignung des Privatkapitals, insbesondere derjenigen Teile, die gemeinsame Unternehmungen mit dem ausländischen Kapital eingegangen waren, durchzusetzen. Viele Schoraführer wurden verhaftet, und ihre Streikfonds wurden von den islamischen Schoras beschlagnahmt.

Nach dem Inkrafttreten der islamischen Verfassung war der nächste Schritt die Bildung einer Präsidentschaft und eines Parlaments. Das war der Anlass für einen Fraktionskampf innerhalb des Regimes. Zwei besonders einflussreiche Kräfte wetteiferten miteinander. Auf der einen Seite stand die liberale nationalistische Tendenz unter Führung von Chomeinis ehemaligem Berater und Außenminister Bani Sadr, die ein relativ orthodoxes Programm des bürgerlichen Wiederaufbaus vertrat. Auf der anderen Seite stand eine Tendenz innerhalb der Islamischen Republikanischen Partei unter Führung von Ajatollah Beheschti, die eine staatskapitalistische Lösung für die Probleme des wirtschaftlichen Wiederaufbaus vorschlug. Es war die Islamische Republikanische Partei gewesen, die in die betrieblichen Kämpfe aktiv eingegriffen und die islamischen Schoras unter ihre Kontrolle gebracht hatte.

Die erste Runde in diesem Machtkampf ging an Bani Sadr, der im Januar 1980 zum Präsidenten gewählt wurde. Seinen Sieg verdankte er in erster Linie der inneren Spaltung der Islamischen Republikanischen Partei, die unfähig war, sich auf einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten zu einigen. Die Mudschaheddin stellten ihren Führer Massud Radschawi als Präsidentschaftskandidaten auf und traten in ihrem Programm für die Rechte der Frauen und der nationalen Minderheiten und für Unterstützung der Arbeiterschoras ein. Radschawi wurde jedoch von der Regierung gezwungen, seine Kandidatur zurückzuziehen, weil er „nach der Verfassung kein wirklicher Muslim und in Wirklichkeit ein Konterrevolutionär“ sei. Bani Sadr übernahm dann das Programm der Mudschaheddin, darunter auch die Unterstützung für die Arbeiterschoras, und konnte auf diese Weise den Sieg erringen.

Nach seiner Wahl spitzte sich der Konflikt zwischen Bani Sadr und der Islamischen Republikanischen Partei zu. Die IRP mobilisierte ihre Anhänger in Parlament und Regierung, um Bani Sadrs Position zu schwächen. In den Betrieben wurden die islamischen Schoras unter der Kontrolle der IRP ebenfalls zur Festigung der klerikalen Macht eingesetzt. Denn sie wandten sich jetzt nicht nur gegen die Arbeiterschoras, sondern auch gegen die liberalen Betriebsleitungen und führten das „Maktabi-Management“ (islamisches Management) ein, das zusammen mit den islamischen Schoras gegen die Arbeiterschoras kämpfte.

Bani Sadrs Arbeitsminister Mohammed Mir Sadeghi, der für die Anerkennung gewerkschaftlicher Rechte im Rahmen einer bürgerlichen Demokratie eingetreten war, wurde durch Tawakoli, einen islamischen Fanatiker und Mitglied der Hodschatieh-Fraktion in der IRP, abgelöst. Tawakoli verurteilte sogar die islamischen Schoras, da „das Eigentum, der Betrieb, die Regierung und alles andere Gott, seinem Propheten und dem zwölften Imam gehören; in Abwesenheit dieses Imams (Messiahs) gehören sie dem Vertreter des Imams“ – mit anderen Worten Chomeini.

Während dieser Zeit wurden viele Betriebsschoras aufgelöst, darunter bei Toolmaking, Lift Track, Pomp Iran und Kompidor in Täbris, ebenfalls die Union der Arbeiterschoras von Gilan (mit 30.000 Arbeitern), die Union der Arbeiterschoras Westteherans, die Schoras der Ölindustrie in Ahwas und die der Eisenbahner. Chaneh Kargar, zuvor ein freies Zentrum für Arbeiterversammlungen, wurde zum Hauptquartier der IRP-nahen Schoras und der islamischen Gesellschaften.

Im August 1980 schaffte die Regierung das bestehende Gesetz über die Gewinnbeteiligung ab. Das war eine der industriellen Reformen des Schahs gewesen, in deren Rahmen die Unternehmen einen Teil ihrer Gewinne an die Belegschaften verteilten. Ein Arbeiter in Teheran sagte dazu: „Das war ein Teil unserer Löhne, den uns das alte Regime im Namen der Gewinnbeteiligung jedes Jahr auszahlte. Jetzt nimmt uns das islamische Regime sogar das weg.“

Es kam zu weiteren Betriebskämpfen. Die wichtigsten Forderungen bezogen sich die Auflösung der Schoras und die Entlassung von Arbeitern, die sich den Maktabi-Managements widersetzten. Obwohl das Ziel des Regimes das vollkommene Ausradieren jeder Spur der Schoras war, machte es ihm der fortdauernde Widerstand der Arbeiter schwer. Im August 1980 verabschiedete das islamische Parlament ein Gesetz über die islamischen Schoras, das ihnen lediglich eine Beraterrolle einräumte. Die Mehrheit der Arbeiter weigerte sich, dieses Gesetz anzuerkennen, und protestierte heftig. In einer Befragung, die die nationale Zeitung Keyhan organisierte, drückten die Arbeiter ihre starke Ablehnung des neuen Gesetzes aus. „Wir erkennen dieses Gesetz nicht an“, sagte einer, „wir wollen ein Gesetz, das uns die Kontrolle über die Produktion, die Verteilung und das Management gibt.“ Ein anderer sagte:

„Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Macht der Arbeiter zu schwächen; es bedeutet in Wirklichkeit die Anerkennung von halbgewerkschaftlichen Rechten, die bloß die Vorrechte der Kapitalisten absichern. Die Schoras bilden die Grundlage unserer Macht in den Betrieben. Es ist jetzt klar, dass die Kapitalisten, solange sie die Betriebe leiten, unsere Macht weiterhin schwächen werden.“ [42]

Im September 1980 marschierte der Irak in den Iran ein. Die konterrevolutionäre Islamische Republik im Iran zog daraus großen Gewinn. Die islamischen Schoras verabschiedeten Resolutionen, in denen sie erklärten: „Wir befinden uns im Krieg, wir müssen Opfer bringen und vereint sein“ und „Wir arbeiten sogar an Wochenenden, um den Krieg zu gewinnen“. Chomeini leitete seine „Kulturrevolution“ ein, um alle Erziehungs- und Kultureinrichtungen zu islamisieren. Revolutionsgarden und Komitehs griffen die Linken in ihren letzten Zufluchtsorten, den Universitäten, an, die jetzt endgültig geschlossen wurden. Das Tragen des Schleiers wurde Pflicht, Frauen ohne Tschador wurden geschlagen, ihnen wurden die Knochen gebrochen und das Gesicht wurde mit Säure verätzt.

Die Linke brach vollständig zusammen. Die Mudschaheddin verbündeten sich mit Bani Sadr, der bestenfalls ein Vertreter der liberalen Bourgeoisie war. Die Fedajin spalteten sich in zwei Flügel: Die Mehrheit gesellte sich zur Tudehpartei und übernahm deren Linie, wonach Chomeinis Regime antiimperialistisch und daher progressiv sei, während die Minderheit von einem reaktionären kapitalistischen Regime sprach. Mit der zunehmenden Schwächung der Linken, der Schoras und sogar der liberalen Nationalisten wurde die Islamische Republik von Mal zu Mal stärker.

Im Juni 1981 wurde Bani Sadr als Präsident entlassen. Eine landesweite Kampagne des Guerillakampfs gegen Chomeinis Regime setzte ein, die in erster Linie von den Mudschaheddin, aber auch von der Fedajin-Minderheit initiiert war. Zweiundsiebzig der höchsten Funktionäre der IRP, darunter auch Ajatollah Beheschti, wurden durch einen Bombenanschlag getötet. Bani Sadr und Radschawi, der Führer der Mudschaheddin, flohen nach Frankreich. Eine weitere Bombe tötete den neuen Präsidenten, Radschai, mitsamt seinem Premierminister Bahonar. Der Guerillafeldzug und der Krieg lieferten dem Regime einen letzten Vorwand, um die Militarisierung aller Betriebe und die Liquidierung aller dort noch bestehenden oppositionellen Elemente durchzusetzen.

Von den Errungenschaften der Volksrevolution von 1979 blieb nichts mehr übrig. Die iranische Arbeiterbewegung war zerschlagen worden. Die Linken waren in ihre alten Fehler zurückgefallen: entweder kritiklose Unterstützung für ein mörderisches und arbeiterfeindliches Regime oder verhängnisvolle Isolation durch Guerillapolitik.
 

Schlussfolgerungen

Die iranische Arbeiterklasse war die entscheidende Kraft im Kampf zum Sturz der Schreckensherrschaft des Schahs gewesen. Die politische Macht ging aber nicht in die Hände der Arbeiter über. Stattdessen bestimmte die provisorische Regierung unter Führung Chomeinis sowohl den politischen Gehalt als auch die Form der neuen Staatsmacht, die auf den Trümmern der alten entstanden war. Während die Regierung Chomeinis daran arbeitete, ein neues System der bürgerlichen staatlichen Herrschaft aufzubauen, ließ sich die Arbeiterklasse zu ihrer Gefangenen machen. Im Endergebnis wurden die Arbeiter einem neuen, diesmal islamischen Regime unterworfen, unter dem ihre Rechte und ihre Machtstellung keinesfalls größer, in einigen wichtigen Fragen sogar geringer waren als unter dem Schah.

Die Konterrevolution wurde unter der Fahne von Chomeinis vorgetäuschtem „Antiimperialismus“ vorangetrieben und festigte sich im Verlauf des Golfkriegs weiter. Die Kriegsbegeisterung in der Bevölkerung, insbesondere in den rückständigen Gebieten auf dem Land, lässt sich durch die Art und Weise, wie der Krieg als „Erweiterung der Revolution“ dargestellt wurde, erklären. Die erschreckend hohe Zahl von Toten versuchte die Regierung mit der grotesken Behauptung zu rechtfertigen, dass das Sterben für den Islam „Erlösung im Paradies“ bedeutete.

Der Krieg diente dem Regime auch als perfekter Vorwand, um alle Überreste der linken Opposition auszutilgen. Unabhängige Gewerkschaftsorganisationen und das Streikrecht wurden als „unislamisch“ abgeschafft, womit die Arbeiter in dieselbe Lage wie unter dem Schah zurückversetzt wurden. Hierbei handelte der Islam ganz im Einklang mit den Bedürfnissen des Kapitalismus. Frauen wurden im Namen Gottes einer patriarchalischen Entwürdigung unterworfen, die all ihre Grundrechte zur Selbstbestimmung der eigenen Zukunft in Fragen der Eheschließung und -scheidung, des Sorgerechts für die Kinder, des Rechts auf Arbeit und so weiter aufhob. Nationale und religiöse Minderheiten wurden einer wütenden Repression ausgesetzt.

Der „lrangate“-Skandal von 1986 legte den wahren Charakter des islamischen Regimes bloß. Im Rahmen seines Waffenhandels mit der Reagan-Regierung unterbreitete Rafsandschani, Chomeinis Stellvertreter, den USA den Vorschlag, gemeinsam ihre ehemalige Rolle als Polizeimacht am Golf wieder einzunehmen. So bereitete sich der fundamentalistische Islam auf seine neue unheilvolle Rolle als Unterdrücker anderer progressiver Entwicklungen im Mittleren und Nahen Osten und in Nordafrika vor, während sich die herrschenden Klassen des Westens an die neue Lage gewöhnten und erste Annäherungsversuche an diesen seltsamen neuen Verbündeten machten.

Dieser tragische Ausgang war nicht zwangsläufig. Die Geschichte der iranischen Arbeitskämpfe in den Monaten nach dem Februar 1979 deutet auf die Möglichkeit einer völlig anderen Entwicklung hin. Die iranischen Arbeiter strebten nach einer ganz anderen Gesellschaftsform als der, die ihnen im Namen der islamischen Republik aufgezwungen wurde. Sie wollten eine Gesellschaft direkt unter ihrer eigenen Kontrolle. Die Forderungen, die sie mittels ihrer Schoras vertraten, zeigen das ganz deutlich. Der Kampf um Arbeitermacht, den sie durch ihre Schoras führten, verknüpfte „politische“ und „ökonomische“ Forderungen miteinander. Die Schoras waren revolutionäre Instrumente, die ursprünglich im Kampf zum Sturz des Schahs zusammengeschweißt wurden, und durch die die Hoffnungen der Arbeiter auf die Verwirklichung ihrer eigenen Macht Ausdruck fanden. Ihre Forderungen beschränkten sich nicht auf Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen, sondern sie umfassten die zentralen Fragen der Kontrolle über die Produktion, fürwahr über das ganze soziale und politische Leben.

Für einige Monate nach dem Sturz des Schahs gab es in der Industrie faktische Arbeiterkontrolle. Aber um diese zu festigen und zur Grundlage einer neuen Gesellschaftsordnung zu machen, musste die Frage der Staatsmacht gestellt werden. Von Anfang an hatte die islamische Republik versucht, die Schoras, das Instrument der Arbeiter zur Ausdehnung ihrer Kontrolle über Produktion, Verteilung und anderes mehr, zu untergraben. Es war das Chomeini-Regime gewesen, das die „islamischen“ Manager und die mittelständischen technischen Experten gegen die Arbeiterräte unterstützte und allerlei Gesetze und Bestimmungen erließ, um die Arbeiterklasse an der vollen Entfaltung ihrer Macht zu hindern.

Ein politischer Kampf um die Gestaltung des neuen iranischen Staats wäre eine lebensnotwendige Voraussetzung für den Sieg in den einzelnen Betrieben gewesen. Sozialistische Produktionsverhältnisse am Arbeitsplatz können nur gesichert werden, wenn es der Arbeiterklasse gelingt, ihre kollektive Macht über den Rahmen des Betriebs hinaus auf den Staat selbst auszudehnen. Die Forderungen der Schoras, insbesondere die ihres Nationalen Gründungsrats, zeugen von einem lebhaften Bewusstsein für diesen Zusammenhang unter militanten Arbeiterführern.

Um auf diese Weise ihre Macht entfalten zu können, hätten die Arbeiter den Charakter ihrer Forderungen erweitern müssen und somit auch den Charakter der iranischen Revolution als Ganze. Sie hätten nicht nur ihre eigenen spezifischen Forderungen vertreten, sondern auch die Forderungen anderer unterdrückter Sektionen der iranischen Gesellschaft aufgreifen und miteinander verbinden müssen: die der Arbeitslosen, der Frauen, der Bauern und der verschiedenen nationalen und religiösen Minderheiten. Denn die Interessen dieser verschiedenen, sich teilweise überschneidenden Gruppen waren, genauso wie die der Arbeiter, mit dem weiteren Schicksal der Revolution untrennbar verbunden. All diese Gruppierungen waren potenzielle Bündnispartner der Arbeiter in ihrem Kampf gegen die provisorische Regierung Chomeinis. Aber fast von Anfang an waren Chomeini und seine Verbündeten in der Lage, die oppositionellen Kräfte, die sein Projekt der Islamischen Republik ablehnten, gegeneinander auszuspielen.

Warum war Chomeinis Offensive gegen das demokratische Potenzial und die Macht der Arbeiter in der iranischen Revolution so erfolgreich? Zumindest zwei der gängigsten Erklärungsmuster hierfür greifen offenbar zu kurz.

Einige Kommentatoren haben die Auffassung vertreten, dass der Iran wegen des Einflusses des schiitischen Islams auf die Köpfe der iranischen Massen ein besonderer Fall sei. Erstens heißt dies, die Religiosität der iranischen Arbeiter und Bauern zu überschätzen. Zweitens erklärt die bloße Existenz eines weitverbreiteten religiösen Glaubens noch lange nicht, warum ein Flügel des islamischen Klerus auf diese Weise zur Macht gelangen konnte. Die Wirklichkeit ist, dass die Islamische Republik die Form war, die die bürgerliche Konterrevolution im Iran annahm. Den im Wesentlichen gleichen inhaltlichen Ausgang, nämlich die Niederlage der revolutionären Kräfte der Arbeiterklasse, hat es in sehr vielfältiger Gestalt in einer ganzen Reihe von Ländern im Laufe dieses Jahrhunderts gegeben.

Ebenso wenig kann die ökonomische Rückständigkeit des Irans für die Niederlage der Arbeiterbewegung herhalten. Denn die moderne iranische Arbeiterklasse war ja schließlich vergleichsweise weitaus größer als die Russlands zur Zeit der Revolution von 1917. Die Widersprüche der ungleichmäßigen kapitalistischen Entwicklung im Rahmen einer imperialistischen Weltwirtschaft hatten in beiden Fällen die Arbeiterklasse an die vorderste Front des politischen Kampfs gegen das alte Regime gespült. Wie in Russland auch erwies sich im Iran die marxistische These von der „permanenten Revolution“ in ihren Kernaussagen als richtig: Die Arbeiterklasse besetzte das Zentrum der revolutionären Bühne und suchte nach Wegen, die Revolution von ihrem instabilen „bürgerlich-demokratischen“ Stadium hin zu einer sozialistischen Arbeiterdemokratie zu steuern.

Die Linken im Iran haben die Lage traurigerweise gänzlich fehlgedeutet. Die Parteien der Linken betrachteten es die ganze Zeit als ihre historische Aufgabe, bloß den Schah zu stürzen und demokratische Strukturen zu schaffen. Für sie war der Hauptinhalt der Revolution die „demokratische Revolution“. Die sozialistische Revolution vertagten sie auf eine unbestimmte Zukunft. Sofern sie den Machtkampf des Proletariats überhaupt wahrnahmen, taten sie das ausschließlich durch die Brille der „bürgerlich-demokratischen“ Revolution.

Die ausgebeuteten und unterdrückten Völker des Irans, die ihre potenzielle Macht im Kampf gegen den Schah gespürt hatten, erblickten die Möglichkeit, die Revolution in einen Kampf für eine sozialistische Gesellschaft unter ihrer direkten Kontrolle umzuwandeln. Gleiches lässt sich von dem Bürgertum nicht behaupten. Es hatte keinen Antrieb, die Revolution fortzusetzen, im Gegenteil, es wollte sie schnellstens beenden und die vorwärtsdrängenden Kräfte wieder nach Hause schicken. Die Revolution gegen den Schah verwandelte sich deshalb sofort in einen bitteren Klassenkampf um die Gestaltung der zukünftigen iranischen Gesellschaft. Die Arbeiter und die anderen unterdrückten, Flügel der iranischen Gesellschaft dagegen wollten die Revolution fortsetzen, bis alle ihre dringenden Bedürfnisse und Hoffnungen erfüllt waren.

Darin lag die Bedeutung der Schoras, der Frauengruppen, der Bauernorganisationen, die das Land besetzten, und der verschiedenen Organisationen der iranischen nationalen Minderheiten. Zusammen hatten diese Bewegungen eine immense potenzielle Kraft. In der Praxis waren sie aber voneinander getrennt. Der Arbeitskampf um die Schoras wurde getrennt vom Kampf der Frauen um Selbstbefreiung, von den Bewegungen für Selbstbestimmung und von den Bauernkämpfen um Land geführt. Die iranische Linke erwies sich als unfähig, diese verschiedenen Bewegungen zusammenzuführen, denn es mangelte ihr an einer Gesamtperspektive, die einen solchen Vereinheitlichungsprozess als notwendig erscheinen ließe. Sie diskutierten zwar die Frage der Frauenrechte und der Rechte der nationalen Minderheiten in ihren Zeitungen und Versammlungen, führten aber niemals eine aktive Kampagne zu diesen Fragen in den Schoras und Arbeitslosenkomitees an.

Die Revolution in einem rückständigen Land wirft ein grelles Licht auf einige grundlegende Fragen sozialistischer Politik. Die Arbeiterklasse kann die Macht nicht allein durch ihre eigenen Anstrengungen erringen. Sie darf sich nicht vom Kampf um die Emanzipation der Gesellschaft von allen Formen der Unterdrückung, ob national, geschlechtlich, kulturell oder religiös, absondern oder sich gar dagegenstellen.

Umfassende Verwirklichung demokratischer Rechte ist eine unabdingbare Voraussetzung für Arbeitermacht. Als sich die Mudschaheddin und die Tudehpartei hinter Chomeinis Vorschläge für eine islamische Republik stellten, verurteilten sie die iranischen Frauen und die religiösen Minderheiten zu weiteren endlosen Jahren der Unterdrückung. Als es die Linke insgesamt versäumte, die Frage der Frauenrechte und der Rechte der nationalen und religiösen Minderheiten unter den Arbeitern aufzugreifen, stärkten sie damit bloß ihre Gegner. Und als sie sich schließlich hinter den durch und durch reaktionären Ruf nach „nationaler Einheit“ unter Chomeinis falschem „Antiimperialismus“ stellten, schnitten sie sich endgültig die eigene Kehle durch.

Ein vollständiger Sieg der Revolution war nur möglich unter der Bedingung, dass sie mit der bürgerlichen provisorischen Regierung brach und einen Entscheidungskampf um eine neue Gesellschaftsform führte, die die Arbeitermacht in ihren Mittelpunkt stellte, alle Forderungen der verschiedenen revolutionären Kräfte erfüllte und die vollständige Zerschlagung des islamischen Staats durchsetzte. Das hieß, um die Erweiterung der Machtbasis der verschiedenen nichtreligiösen Schoras zu kämpfen, ihre Aktivitäten zu koordinieren und sie zum Fundament einer neuen Gesellschaftsform zu machen.

Die Gründung der Islamischen Republik bedeutete jedenfalls das Ende jeder revolutionären Begeisterung seitens der iranischen Bourgeoisie und des Kleinbürgertums. In Wirklichkeit wurde nicht einmal das ursprüngliche Ziel der Linken, nämlich die Schaffung der gewöhnlichen Einrichtungen eines „bürgerlich-demokratischen“ Systems, erreicht. Unter den besonderen Bedingungen des Irans war ein solches Ziel sowieso schon immer eine Utopie gewesen. Die wirkliche Alternative bestand zwischen einer demokratischen Arbeiterrepublik, die in der Lage gewesen wäre, den Grundstein für ein sozialistisches Regime zu legen, einerseits, und der Wiedererrichtung eines höchst autoritären kapitalistischen Regimes andererseits.

Einige Monate lang nach dem Sturz des Schahs bestand im Iran eine im Kern revolutionäre Situation fort. Ein erfolgreicher Ausgang hätte aber die Existenz einer revolutionären sozialistischen Partei vorausgesetzt, die mit der gescheiterten Politik der iranischen Linken, sowohl der Tudehpartei als auch der Mudschaheddin und Fedajin, entschieden gebrochen hätte. Leider existierte keine solche Partei.

Dem theoretischen Gerüst der iranischen Linken fehlte vollkommen das zentrale marxistische Konzept der sozialistischen Revolution. Welche Differenzen auch immer unter den verschiedenen Parteien bestanden, sie alle teilten zwei miteinander zusammenhängende Vorstellungen, die beide in der Theorie und Praxis sowohl des Stalinismus als auch der Sozialdemokratie wurzeln: erstens die Perspektive, dass sich die soziale Umwälzung auf die Demokratisierung anstelle des Sturzes der bürgerlichen sozialen Verhältnisse beschränken sollte; zweitens, dass die revolutionäre Partei stellvertretend für die Ausgebeuteten und Unterdrückten handeln sollte, anstatt sie zu ermuntern und anzuleiten, ihre eigene revolutionäre Selbstinitiative zu entfalten. In der Geschichte des Irans, wie in der so vieler anderer Länder auch, hat die Anwendung dieser falschen Perspektive seitens der Linken die revolutionären Bewegungen regelmäßig in die Niederlage geführt, jedes Mal wenn der Arbeitskampf eine revolutionäre, nach sozialistischen Lösungen verlangende Situation geschaffen hatte.

Die Tudehpartei und die Mudschaheddin unterstützten Chomeinis Vorschläge zur „Islamisierung“, obwohl das die Schwächung und Zerstörung der unabhängigen Arbeiterorganisation in Gestalt der Schoras bedeutete. Die Mudschaheddin und die Fedajin brachen beide nie mit der elitären Politik des Guerillakampfs, die sie dazu verleitete, die eigene Aktivität und Opferbereitschaft an die Stelle der Selbstentfaltung des Kampfes der iranischen Arbeiter und Bauern zu setzen. Keine von ihnen gründete ihre Politik auf die Entwicklung des Massenkampfs, insbesondere der Arbeiterbewegung, mit dem Ziel der Schaffung eines demokratischen Arbeiterstaats. Andere Organisationen, die möglicherweise eine revolutionäre sozialistische Alternative vertreten haben, waren zu klein und zu wenig in der Arbeiterbewegung verankert, um wirklich ins Gewicht fallen zu können, mag ihre politische Linie formal gesehen noch so korrekt gewesen sein. [43]

Die sozialistische Revolution gründet auf der Selbstemanzipation der Arbeiterklasse. Bei einem solchen Prozess ist es die Aufgabe der revolutionären sozialistischen Partei, den Weg vorwärts aufzuzeigen. Es ist nicht ihre Aufgabe, stellvertretend für die wirklichen Subjekte der Geschichte, die Unterdrückten selbst, zu handeln. Eine solche Partei kann nicht die Aktion, das Bewusstsein und die Organisation der Arbeiterklasse selbst ersetzen. Noch kann sie die Revolution für die Arbeiter oder die übrige unterdrückte und ausgebeutete Bevölkerung machen. Sie muss sich mit ihnen stetig und geduldig über die Notwendigkeit auseinandersetzen, die Macht in die eigenen Hände zu nehmen. Sie kann es sich nicht leisten, sich der politischen Auseinandersetzung innerhalb der Arbeiterbewegung zu entziehen, wie dies die iranische Linke tat.

Während der ersten acht Monate nach dem Sturz des Schahs fehlte im Iran eine revolutionäre sozialistische Partei, die Mittel und Wege vorgeschlagen hätte, wie das Machtvakuum zu füllen sei, und die die verschiedenen linken Organisationen an ihrem schwankenden Kurs gehindert hätte. So erhielt das islamische Regime eine Atempause, um seine Machtbasis zu festigen. Es wurden immense Möglichkeiten vertan. Die Arbeiterschoras zeigten eine erstaunliche Widerstandskraft in ihrer mutigen Anstrengung, eine unabhängige nationale Organisation aufzubauen. In der Folge des Kampfs für den Sturz des Schahs war ein Großteil der Bevölkerung bewaffnet. Keine Partei trat jedoch dafür ein, dass die Schoras ihre Rolle als militante Interessenvertretung im Rahmen des neu entstandenen islamischen Staats ablegten, sich selbst bewaffneten und ihre Macht als Embryo eines neuen Staats ausbauten.

Die nationale Organisation der Schoras entwickelte sich niemals zu einem vollständigen Netz von Arbeiterräten (Sowjets), wie das in Russland im Jahr 1917 der Fall war. Es war aber nicht ausgeschlossen, dass sie eine solche Entwicklung durchmachten. Dafür hätten sie die politische Verantwortung für die Verwaltung der Städte übernehmen und somit in Konkurrenz zu den neuen Komitehs treten und deren beste Mitglieder abwerben müssen.

Das war keineswegs unmöglich. Die Komitehs waren, zumindest in der Anfangsphase, sehr instabile Organisationen. Zu ihrer Mitgliedschaft zählten oft die besten Guerillakämpfer aus der Zeit des Kampfs gegen den Schah. Viele von ihnen hätten für eine revolutionäre Perspektive gewonnen werden können, wenn die Schoras eine entsprechende klare politische Führung gegeben hätten. Angesichts des Fehlens eines solchen lebenswichtigen Anziehungspunkts wurden diese Aktivisten stattdessen von der Islamischen Republik angezogen, sobald sich Chomeinis Regime zu festigen begann.

Eine revolutionäre sozialistische Partei müsste kompromisslos atheistisch sein und den Einfluss des Klerus auf das politische Leben und die Verfassung ablehnen. Sie müsste den Kampf für Frauenbefreiung, Landbesetzungen durch die Bauern und Rechte der nationalen und religiösen Minderheiten ohne Wenn und Aber unterstützen. Sie hätte sich im Iran nicht der Illusion hingeben dürfen, den höchst widersprüchlichen Brei islamischer Ideen, der neben fortschrittlichen sozialistischen Ideen in den Köpfen vieler der militantesten Arbeiter fortexistierte, sofort überwinden zu können. Aber sie hätte eine klare Minderheitsfraktion in den Betrieben aufbauen und somit den Grundstein für einen vollständigen Bruch mit der Vorstellung von der islamischen Revolution legen können.

Die Voraussetzung für all das war natürlich eben die Existenz einer revolutionären Organisation, die stetig und klar für die Fortsetzung der Revolution bis zu ihrer sozialistischen Lösung eingetreten wäre. Eine solche Organisation hätte das arbeiterfeindliche Wesen des Chomeiniregimes verstehen und der Arbeiterklasse geduldig erklären müssen. Auf einer solchen Grundlage hätte das Projekt des Kampfs für den Sozialismus eine Mehrheit innerhalb der Schoras gewinnen können, sogar unter jenen Arbeitern, die noch Illusionen in den Islam behielten.

Die Zukunft des Irans, und somit des ganzen Nahen und Mittleren Ostens, hängt von der Entstehung einer solchen sozialistischen Organisation im Verlauf der Kämpfe ab, die sich unweigerlich zwischen der islamischen republikanischen Regierung und der brutal unterdrückten Bevölkerungsmehrheit entfalten werden. Ohne und bis zur Entwicklung einer solchen Organisation besteht die Gefahr, dass sich die Tragödie der iranischen Revolution von 1979 endlos wiederholt.


Notes

1. Eine ausführliche Untersuchung über diese Zeit bietet Shaul Bakhash, Iran: Monarchy, Bureaucracy and Reform under the Qajars, 1858–1896, Ithaca Press, London 1976, sowie Nikki Keddie, Religion and Rebellion in Iran: The Iranian Tobacco Protest of 1891–1892, London 1966.

2. Edward G. Brown, The Persian Revolution of 1905–1909, Cambridge 1910, und A. Kasrawi, Tariche Maschroteh Iran (Die Geschichte der iranischen Verfassung), Teheran 1975.

3. Ramy Nima, The Wrath of Allah, Pluto Press, London 1983, Kapitel 1.

4. Zur Landreform siehe Ann K. S. Lambton, The Persian Land Reform 1922–1966, Clarendon Press, Oxford 1969, und Eric J. Hoogland, Land and Revolution in Iran 1960–1980, University of Texas Press 1982.

5. Zur Industrialisierung siehe Julian Bharier, Economic Development in Iran 1900–1970, Oxford University Press, New York 1971, sowie Fred Halliday, Iran: Dictatorship and Development, Penguin, London 1979.

6. Halliday, S. 127–128.

7. Nima, S. 15.

8. Halliday, S. 147–158.

9. Ervand Abrahamian, Iran Between Two Revolutions, Princeton University Press, Princeton 1962, S. 435–440.

10. Halliday, S. 173–183.

11. Nima, S. 51.

12. Über die Industrialisierung in dieser Periode siehe Halliday, Kapitel 5–7, sowie Bharier, Kapitel 13.

13. Die Tudehpartei war trotz ihrer Verbindungen zu Russland keine direkte Nachfolgerin der iranischen kommunistischen Partei der 20er Jahre. Über den Kommunismus im Iran siehe Sepehr Zabih, „The Communist Movement in Iran“, University of California Press 1966. Auch Abrahamian, Historische Dokumente: Die Arbeiter-, sozialdemokratische und kommunistische Bewegung im Iran (auf Persisch), Mazdak Publications.

14. Abrahamian, S. 446.

15. Schariatis Moschee, die „Hoseinije Erschad“, wurde vom Sawak in den späten 1960er Jahren geschlossen und zugemauert. Nachdem Schariati selbst mehrere Jahre in einem der Gefängnisse des Schahs verbracht hatte, starb er 1977 in London offiziell an einem Herzinfarkt, in Wirklichkeit aber an den Folgen der Folter im Gefängnis.

16. US News and World Report vom 26. Juni 1978, zitiert in Fereydoun Hoveyda, The Fall of the Shah, Weidenfeld and Nicholson, London 1979, S. 6.

17. Frantz Fanon schrieb 1961 mit Die Verdammten dieser Erde ein in der antikolonialen und 68er Bewegung einflussreiches Buch über den Befreiungskrieg der Algerier gegen den französischen Kolonialismus (heute bei Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001); d. Übers.

18. Abrahamian, S. 250.

19. Chabar Kargar (Arbeiternachrichten), Zeitschrift der Teheraner Industriebetriebe, Nr. 6, Februar 1980, sowie Achbareh Moba Resateh Tabagheje Kargar (Nachrichten über Arbeitskämpfe), herausgegeben von der Fedajin-Guerilla Aschraf Deghani, April 1980.

20. „Gewinnbeteiligungspläne“ bildeten den vierten Punkt des zwölf Punkte umfassenden Schahprogramms der „Weißen Revolution“ von 1963.

21. Im Jahr 1976 arbeiteten schätzungsweise 50.000 ausländische Techniker und Manager im Iran, während gleichzeitig unter iranischen Arbeitern große Arbeitslosigkeit herrschte.

22. Assef Bayat, Workers Control, in: Merip Report 113, Middle East Research and Information Project, London, März/April 1963. Siehe auch Assef Bayat, Workers and Revolution in Iran, Zed Books, London 1987.

23. Im Jahr 1942 wurde der Zentralrat der Gewerkschaften Irans gegründet. Im Jahr 1946 vertrat er bereits 400.000 Mitglieder. Während der gesamten 40er und 50er Jahre spielten die Arbeiter eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Unterdrückerstaat, und ein Generalstreik trug entscheidend zur Verstaatlichung des Öls bei.

24. Fatwa bezeichnet ein islamisches Rechtsgutachten, das verbindlichen Charakter hat; d. Übers.

25. Zur Unterscheidung von anderen Komitees behalten wir die englische Umschrift der iranischen „Komitehs“ im Verlauf des Textes bei; d. Übers.

26. Bayat.

27. Chris Goodey, Merip Report 88, Juni 1980.

28. Pajgham Emrus (radikale Tageszeitung), 5. März 1979.

29. Kejhan (iranische Tageszeitung), Berichte über Arbeiter und Industrien, 1. Oktober 1979.

30. Pajgham Emrus, 1. März 1979. (Die Wiederholung der Forderung nach „Lohnfortzahlung“ unter Punkt 7 und 13 findet sich so im Original der Zeitung).

31. Ajandegan (radikale Tageszeitung), 31. März 1979.

32. Ajandegan, 19. April 1979.

33. Ettellaat (Tageszeitung), 28. April 1979.

34. Ajandegan, 11. April 1979.

35. Pajgham Emrus, 6. März 1979.

36. Bayat.

37. Kejhan, 9. August 1979.

38. Chabar Kargar, Oktober 1979.

39. Zitiert nach Halliday in: Merip Report 88, Juni 1960, S. 4.

40. Die Pejkar war die drittgrößte Organisation in der iranischen Linken, nach den Fedajin und Mudschaheddin. Sie war eine maoistische, antiislamische Abspaltung von den Mudschaheddin. Ihre Organisation war die aktivste in den Betrieben. Nach erheblichen Verlusten in den Gefängnissen Chomeinis löste sie sich auf.

41. Nach der Machtübernahme Chomeinis wurden viele Anhänger der Bahaireligion wegen ihres Glaubens hingerichtet.

42. Bayat.

43. Während der Revolution gab es vier unterschiedliche politische Linien in der iranischen Linken:

Erstens: Die Fedajin-Mehrheit, hervorgegangen aus der Spaltung von 1979. Sie unterstellte sich der Führung der Tudehpartei, betrachtete Russland und den Ostblock als sozialistisch, schlug einen nichtkapitalistischen Entwicklungsweg für den Iran vor und unterstützte die islamische Republik und Chomeinis Regime als antiimperialistische Kraft bis 1984.

Zweitens: Die Fedajin-Minderheit, zusammen mit drei kleineren Organisationen (Chirchaje Fedaji Chalk Aschraf Deghani, Rahe Fedaji und Rahe Kargar), die ebenfalls Russland und den Ostblock als sozialistisch betrachteten, die islamische Republik und Chomeini jedoch nicht unterstützten. Nach 1980 konnte die erste dieser drei Gruppierungen nur noch in Kurdistan arbeiten, während sich die zwei anderen zur „Sasemane Kargarane Enghelabi“ (Organisation Revolutionärer Arbeiter Irans) zusammenschlossen.

Drittens: Die dritte Position wurde von verschiedenen maoistischen Organisationen eingenommen. Sie wollten gestützt auf die politischen Lehren Maos eine „neue demokratische Revolution“ in der Dritten Welt durchführen. In ihren Augen war die Dritte Welt durch den Sozialimperialismus und durch ihre ökonomische Abhängigkeit der Ersten Welt untergeordnet. Die wichtigste unter ihnen war Pejkar, die sich 1975 von den Mudschaheddin abgespalten und dabei die islamische Ideologie abgelehnt hatte.

Andere Organisationen waren: Rasmandegan, Ettehadiehe Kommonistha, Arman Baraje Asadieh Tabagheh Kargar, Ranjbaran, Tufan, und Sahand. Die meisten erlitten, wie Pejkar, schwere Verluste unter Chomeini und wurden aufgelöst. Im Jahr 1982 vereinigte sich Sahand mit der Komaleh in Kurdistan, um die Kommunistische Partei Irans (Hisbe Komoniste Iran) zu bilden. Diese sucht nach wie vor nach einer bürgerlich-demokratischen „Etappe“ der Revolution als Voraussetzung für die sozialistische Revolution.

Viertens: Die letzte Gruppe bildeten Organisationen, die Russland als nichtsozialistisch bezeichneten, sonst aber unterschiedliche Meinungen über das dort herrschende System vertraten. Unter ihnen waren zwei trotzkistische Gruppen, die Chomeini unterstützten: die HVK und die HKE, beide gehörten zur Vierten Internationale. Die übrigen stellten sich gegen Chomeini, darunter die Kommunistische Einheit (Wahdate Komonisti), Ghiam, Samane Noe, Andische wa Enghelab, und eine weitere Organisation der Vierten Internationale, die HKS.

Zur Opposition gehörten auch die Demokratische Partei Kurdistan-Iran (DPKI, die prorussische nationale Befreiungsbewegung Kurdistans) und die Islamische Guerillaorganisation der Volksmudschaheddin Irans.


Zuletzt aktualisiert am 29.7.2011