Chris Harman

 

Basis und Überbau

(Teil 1)

 

[Einleitung]

In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftlichen Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muß man stets unterscheiden zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten ... [Man kann nicht] eine solche Umwälzungsepoche aus ihrem Bewußtsein beurteilen, sondern muß vielmehr dies Bewußtsein aus den Widersprüchen des materiellen Lebens, aus dem vorhandenen Konflikt zwischen gesellschaftlichen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen erklären ... In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und moderne bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden.
(Karl Marx, Auszug aus dem Vorwort, Zur Kritik der Politischen Ökonomie, in MEW, Bd.13, Berlin 1964, S.8–9.)

Es gibt eine große Verwirrung im Kern des Marxismus

Marx und Engels lieferten eine Methode zur Analyse der Gesellschaft, die von großer Fruchtbarkeit gewesen ist. Das hat sich in jeder Generation gezeigt, seit die Methode zum ersten Mal 1846 in der Deutschen Ideologie skizziert wurde. Jede Erklärung des „Todes des Marxismus“ seitens bürgerlicher Ideologen hat sich innerhalb etwa eines Jahrzehnts als falsch bewiesen durch eine neue Reihe von marxistischen Untersuchungen der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Geschichte.

Trotzdem, wenn es dazu gekommen ist, genau zu erklären, was der marxistische Ansatz ist, hat es große Verwirrung gegeben und „Marxisten“ haben offenbar [anscheinend] widersprüchliche Sachen gesagt.

Marx schrieb im Vorwort zum Buch Zur Kritik der Politischen Ökonomie von 1857, daß „die ökonomische Struktur der Gesellschaft“ die „reale Basis“, worauf „sich ein juristischen und politischer Überbau erhebt“. [1]

Seitdem haben Marxisten über diese Äußerung gestritten. Was ist die „Basis“? Die Wirtschaft? Die Produktivkräfte?? Technik [Technologie]? Die Produktionsverhältnisse? Was umfaßt der Überbau? Offensichtlich der Staat. Aber wie ist es mit Ideologie (und revolutionäre Theorie)? Mit der Familie? Mit dem Staat, wenn ihm die Industrie gehört?

Schließlich was ist das Verhältnis zwischen der „Basis“ und dem „Überbau“? Bestimmt die Basis den Überbau? Wenn ja, was genau ist das Wesen der Bestimmung? Und hat der Überbau eine Grad „Autonomie“ –und wenn ja, wie kann man das in Übereinstimmung mit dem Gerede über „Bestimmung“ ( auch wenn sie bloß „Bestimmung in letzter Instanz“ ist)?

 

 

Der mechanische Materialismus und seine Folgen

Die auf diesen Fragen gegebenen Antworten führen zu ganz unterschiedlichen Ansichten darüber, wie die Gesellschaft sich entwickelt.

Auf einem Extrem gibt es die Ansicht, daß die Basis aus den Produktivkräften besteht, daß sie unvermeidlich fortschreiten und daß das der Reihe nach zu Veränderungen in der Gesellschaft führt.

Der politische und ideologische Kampf werden keine unabhängige Rolle zugeschrieben. Die Menschen sind Produkte ihrer Umstände und die Geschichte schreitet völlig unabhängig von ihrem Willen weiter. Das Ergebnis von Kriegen, Revolutionen, philosophischen Auseinandersetzungen oder was auch immer wird immer im voraus bestimmt. Es hätte keinen Duett des Unterschieds zur Geschichte gemacht, ob Robespierre unter eine Kutsche im Jahre 1788 gelaufen wäre oder ob der plombierte Zug im April 1917 verunglückt hätte.

Diese Ansicht über den Marxismus beruht sich auf eine bestimmte Lesung von Marx selbst, insbesondere auf eine mächtige polemische Passage im Buch Das Elend der Philosophie:

Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten. [2]

In den Jahren nach Marx’ Tod wird eine solche mechanische deterministische Anschauung der Geschichte als die „marxistische“ Orthodoxie betrachtet. Während dieser Periode wurde der Marxismus in der deutschen Arbeiterbewegung und dadurch in der Zweiten Internationale hegemonisch. Aber sie war der Marxismus, wie durch die Augen von Karl Kautsky, den „Papst des Marxismus“ betrachtet.

Für Kautsky hatte die historische Entwicklung unvermeidlich jede Produktionsweise der Reihe nach produziert – die Antike, den Feudalismus den Kapitalismus – und sie würde schließlich zum Sozialismus führen. Es Gang eine „unvermeidliche ... Anpassung der Aneignungsformen den Produktionsformen“. [3] Revolutionäre Bewegungen könnten nicht dieses Muster der Entwicklung ändern. So konnten die Suiten des 15. Jahrhunderts und die revolutionären Wiedertäufer des 16 Jahrhunderts mutig kämpfen und die Vision einer neuen Gesellschaft vorstellen; aber für Kautsky konnten sie nicht die unvermeidliche Entwicklung der Geschichte ändern:

Die Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung hängt nicht von der Anwendung von friedlichen Methoden oder gewalttätigen Kämpfen ab, sie wird durch den Fortschritt und die Bedürfnisse der Produktionsmethoden bestimmt. Wenn das Ergebnis von gewalttätigen revolutionären Kämpfen nicht den Absichten der revolutionären Kämpfer entspricht, deutet das an, daß diese Absichten im Gegensatz zur Entwicklung der Bedürfnisse der Produktion stehen.

Gewalttätige revolutionäre Kämpfe können nie die Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung bestimmen, sie können bloß unter bestimmten Umständen ihr Tempo beschleunigen ... [4]

Die Aufgabe der revolutionären Sozialisten unter dem modernen Kapitalismus bestand nicht darin, den historischen Prozeß vorzeitig abzubrechen, sondern einfach darin, seine Entwicklung zu widerspiegeln, indem man die sozialistische Organisation aufbaute, bis der Kapitalismus bereit war, sich in den Sozialismus umzuwandeln. Aber gleichzeitig konnten Konterrevolutionäre nicht den Aufmarsch der Produktivkräfte und deswegen der historischen Evolution nach vorne aufhalten. Kautsky bestand darauf, daß die „rückläufige Entwicklung“ von fortgeschritteneren auf rückständigere Produktivkräfte nie passierte. [5] „Die ökonomische Entwicklung“, sagt sein einflußreichste Werk, seine Einleitung zum Erfurter Programm der SPD, „wird unvermeidlich zur ... der Eroberung der Regierung im Interesse der [Arbeiter]klasse führen.“ [6]

Sehr eng an Kautskys Formulierungen waren diejenigen des Pioniers des russischen Marxismus, Plechanow. Er hielt, daß die Entwicklung der Produktion automatisch zu Änderungen im Überbau führte. Es gibt keine Weise, wie menschliche Bestrebungen die Entwicklung der Produktivkräfte hindern [blockieren] kann. „Die soziale Entwicklung" ist „ein Gesetz ausdrückender Prozeß“. [7] „Die Produktivkräfte ... bestimmen ... soziale Verhältnisse, d.h. ökonomische Verhältnisse“. [8]

Er liefert eine „Formel“, die eine Hierarchie der Kausalität in der Geschichte darlegt. Der „Zustand der Produktivkräfte“ bestimmt die „ökonomischen Verhältnisse“ der Gesellschaft. Ein „sozialpolitisches System“ entwickelt sich auf dieser „ökonomischen Basis“. „Die Mentalität der in der Gesellschaft lebenden Menschen“ wird „teilweise unmittelbar von den bestehenden ökonomischen Bedingung [Umständen] und teilweise vom ganzen sozialpolitischen System bestimmt, das auf dieser Grundlage entstanden ist“. Und schließlich: Die „verschiedenen Ideologien ... widerspiegeln die Eigenschaften dieser Mentalität“. [9]

Er behauptete: „Die Geschichte wird von Menschen gemacht“, ging aber dann weiter und bestand darauf: „Die durchschnittliche Achse der intellektuellen Entwicklung der Menschheit“ läuft „parallel zu der der wirtschaftlichen Entwicklung", so daß letzten Endes alles, was wirklich zählt, die wirtschaftliche Entwicklung ist. [10]

Der Ausgang von großen historischen Ereignissen wie der Französischen Revolution, hing überhaupt nicht von der durch Individuen wie Mirabeau oder Robespierre gespielten Rolle ab:

Egal was die Qualitäten eines gegebenen Individuums sein mögen, können sie nicht die gegebenen ökonomischen Verhältnisse beseitigen, wen letztere dem gegebenen Zustand der Produktivkräfte entsprechen.

Menschen mit Talent können bloß individuelle Merkmale [Züge] der Ereignisse ändern, nicht ihre allgemeine Tendenz. [11]

Genau wie Kautskys Interpretation des Marxismus in den Parteien der zweiten Internationale dominierte, so wurde Plechanows von den stalinistischen Parteien als die Orthodoxie ab ende der 1920er Jahre aufgenommen. [12] In den Händen Stalins und seiner „Theoretiker" wurde sie zu einem unbiegsamen Gesetz der Geschichte: Entwicklung der Produktivkräfte führte unvermeidlich zu entsprechenden Änderungen in der Gesellschaft, so würde das Wachstum der Industrie in Rußland unvermeidlich von einem „Arbeiterstaat“ zum „Sozialismus“ und vom „Sozialismus“ zum „Kommunismus“ führen, egal welches Elend und Not das bedeuten würde; Im Gegensatz dazu war das deutlichste Zeichen, das der westliche Kapitalismus sich überlebt hätte, war der Rückgang seiner Produktivkräfte.

 

 

Die Reaktion gegen den Determinismus. Der stalinistische Marxismus überlebte Stalin selbst nicht lange. Die „neue Linke“ Ende der 1950er Jahre sowie die maoistische Linke Mitte der 1960er Jahre gingen zu Angriffen auf die grobe mechanische, deterministische Darstellung der Geschichte über.

Sie bestanden zurecht darauf, daß in Marx’ eigenen historischen Schriften – Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, Der Bürgerkrieg in Frankreich – es keine Andeutung auf einen passiven fatalistischen Ansatz zur historischen Änderung gibt. Sie legten auch große Betonung auf bestimmte Bemerkungen, die Engels in einer Reihe Briefen ganz am ende seines Lebens während der 1890er Jahre schrieb, worin er eine übergrobe Anwendung des historischen Materialismus kritisierte. Engels hatte an Starkenburg geschrieben:

Die politische, rechtliche, philosophische, religiöse, literarische, künstlerische etc. Entwicklung beruht auf der ökonomischen. Aber sei alle reagieren aufeinander und auf die ökonomische Basis. Es ist nicht, daß die ökonomische Lage Ursache, allein aktiv ist und alles andere nur passive Wirkung. sondern es ist Wechselwirkung auf Grundlage der in letzter Instanz stets sich durchsetzenden ökonomischen Notwendigkeit. [13]

Und an Bloch:

Nach materialistischer Geschichtsauffassung ist das in letzter Instanz bestimmende Moment in der Geschichte die Produktion und Reproduktion des wirklichen Lebens. Mehr hat weder Marx noch ich je behauptet. Wenn nun jemand das dahin verdreht, das ökonomische Moment sei das einzig bestimmende, so verwandelt er jenen Satz in eine nichtssagende, abstrakte, absurde Phrase. Die ökonomische Lage ist die Basis, aber die verschiedenen Momente des Überbaus – politische Formen des Klassenkampfs und seine Resultate – Verfassungen, nach gewonnener Schlacht durch die siegende Klasse festgestellt usw. – Rechtsformen , und nun gar die Reflexe aller dieser wirklichen Kämpfe im Gehirn der Beteiligten, politische, juristische, philosophische Theorien, religiöse Anschauungen und deren Weiterentwicklung zu Dogmensystemen, üben auch ihre Einwirkung auf den Verlauf der geschichtlichen Kämpfe aus und bestimmen in vielen Fällen vorwiegend deren Form. Es ist eine Wechselwirkung aller dieser Momente, worin schließlich durch alle die unendliche Menge von Zufälligkeiten ... als Notwendiges die ökonomische Bewegung sich durchsetzt. [14]

Die neue Linke der Periode nach 1956 ging weiter und argumentierte, daß auch die Begriffe „Basis und Überbau“ einfach eine Metapher waren, die man nicht zu ernst nehmen soll. Die „Wechsel“-Wirkung des Überbaus auf die Basis bedeutete, daß „Bestimmung“ nicht als strenges kausales Verhältnis zu betrachten war.

Die maoistische Linke fing nicht mit einem expliziten Bruch mit der Vergangenheit an. Der Nestor dieser Schule, Louis Althusser, war ganz bereit, Stalin selbst in seine Schriften Anfang der 1960er Jahre positiv zu zitieren.

Aber die Althusserianer schufen eine neue theoretische Struktur, die die Mehrheit des Inhalts der alten Begriffe „Basis“, „Überbau“ und „Bestimmung“ vernichtete. Die Gesellschaft bestand aus einer Anzahl von verschiedenen Strukturen – der politischen, der ökonomischen, der ideologischen, der linguistischen –, die sich je nach dem eigenen Tempo entwickelten und die je eine Auswirkung auf die anderen hatten. Zu jedem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte könnte jede von ihnen die anderen dominieren. Nur „in der letzten Instanz“ war die ökonomisch die „bestimmende“.

Die neu-linke und die maoistisch-althusserianische Schulen waren ursprünglich gegenseitig sehr feindselig. [15] Trotzdem definierten die beiden den historischen Materialismus in einer Weise neu, die die Tür zu einer großen Ration Voluntarismus eröffnete.

für die Neue Linke der 1950er Jahre bedeutete das eine Bewegung weg von jeder festen Definition von Klasse oder jede wirkliche Sorge darüber, wie das gesellschaftliche Sein das gesellschaftliche Bewußtsein beeinflussen könnte. In den Schriften der prominentesten Persönlichkeit der britischen Neuen Linke , E.P. Thompson, über aktuelle Ereignisse – durch und durch von seinem 1960er Aufsatz Revolution [16] zu seinen Schriften gegen Kurzstreckenraketen [Marschflugkörper] während der 1980er Jahre – gibt es die die beharrliche Botschaft, daß Energie Hüne guter Wille und eine Zurückweisung aller festen Kategorien an sich ausreichen können, um den weg zum Sieg zu eröffnen. In seinen theoretischeren Schriften lehnt er die Ansicht ab, daß „ökonomische“ Faktoren überhaupt eine bestimmende Rolle in der Geschichte spielen oder auch daß sie sich von anderen Faktoren wie dem ideologischen bzw. juristischen trennen lassen. [17]

Althussers Ton ist anders: In seinen früheren Schriften ist der Schlüssel zur Veränderung immer noch eine Partei einer wesentlich stalinistischen Art. [18] Aber es gibt das gleiche Element des Voluntarismus wie in Thompson: Wenn die Partei nur die Artikulation der verschiedenen Strukturen versteht, kann sie das Tempo der Geschichte beschleunigen trotz den „ökonomischen“ Faktoren.

Die Mehrheit seiner Anhänger haben jede Vorstellung der „Bestimmung“ auch „in der letzten Instanz“ aufgegeben, und haben sich zu Positionen verlegt, die jede Möglichkeit leugnen, daß man verstehen kann, wie sich Gesellschaften ändern. So z.B. erzählt uns jetzt ein englischer Postalthusserianer, Gareth Stedman-Jones, daß die einzige Weise, eine Ideologie zu verstehen, ist durch ihr Selbstverständnis und daß man keinen Versuch unternehmen soll, ihre Entwicklung durch die materiellen Umständen von denen zu interpretieren, die ihre Anhänger sind. [19] Wir sind jetzt zurück beim alten empirizistischen Sprichwort: „Alles ist das, was es ist, und nichts anderes“. Dieser Gemeinplatz ist das Ergebnis der langwierigen, komplizierten und raffinierten Überlegungen des Althusserianismus. [1*]

Die Annäherungen der alten Neuen Linke und der Althusserianer hat eine Art „gesunden Menschenverstand“ unter Marxisten geschaffen, der der Meinung ist, daß alle Rede über Basis und Überbau wirklich altmodisch ist. So weitverbreitet ist der Einfluß dieses „gesunden Menschenverstands“ gewesen, daß er auch Menschen beeinflußt hat, die die politischen Schlußfolgerungen von Thompson bzw. Althusser ablehnen. [19]

Der einzige konzertierte Widerstand gegen diese Tendenz ist von Verehrern des orthodoxen analytischen Philosophen G.A. Cohen gekommen. [20] Aber seine Verteidigung bedeutet einen völligen Rückzug zur mechanischen Interpretation von Kautsky und Plechanow.

Die revolutionär-materialistische Alternative. Historisch gesehen, hat es jedoch immer eine revolutionäre Alternative zum mechanischen Materialismus bzw. zum Voluntarismus gegeben. Sie existierte zum Teil auch in der Blütezeit des Kautskyanertums in einigen Schriften von Engels und im Werk des italienischen Marxisten, Labriola. [21]

Aber die Notwendigkeit einer theoretischen Alternative wurde erst in der breiteren Öffentlichkeit deutlich, als der Erste Weltkrieg und die Russische Revolution den Bankrott des Kautskyanertums bewiesen. Dann las Lenin Hegel wieder und kam zum Schluß: „Der intelligente (dialektische) Idealismus steht dem intelligenten Materialismus viel näher als der dumme (metaphysische) Materialismus.“ [22]

In den folgenden Jahren versuchten Denker wie Georg Lukacs, Karl Korsch und Antonio Gramsci alle, Versionen des historischen Materialismus zu liefern, die nicht die menschliche Tätigkeit einfach als passive Widerspiegelung anderer Faktoren betrachtete. In seiner ausgezeichneten Geschichte der Russischen Revolution lieferte Leo Trotzki eine Darstellung eines welthistorischen Ereignisses, die massive Betonung auf subjektive wie objektive Faktoren – und er wurde dafür von einem plechanowschen Standpunkt kritisiert. [23]

eine nicht mechanischen nichtvoluntaristische Version des historischen Materialismus ist heute absolut notwendig. Man kann sie leicht in den Werken von Marx finden, wenn man seine klassische Darlegung im Vorwort zu Zur Kritik der politischen Ökonomie, mit dem ergänzt, was er in der Deutschen Ideologie, im Elend der Philosophie, im Kommunistischen Manifest und anderswo sagt.

 

 

Produktion und Gesellschaft

Marx legt seine Darstellung des historischen zum ersten Mal im Buch Die deutsche Ideologie dar.

Er fängt von einer materialistischen Anerkennung der Tatsache, daß Menschen biologisch Teil der Natur sind:

Die Voraussetzungen, mit denen wir beginnen, sind keine willkürlichen, keine Dogmen, es sind wirkliche Voraussetzungen, von denen man nur in der Einbildung abstrahieren kann. Es sind die wirklichen Individuen, ihre Aktion und ihre materiellen Lebensbedingungen, sowohl die vorgefundenen wie die durch ihre eigne Aktion erzeugten. Diese Voraussetzungen sind also auf rein empirischem Wege konstatierbar.

... Die erste zu konstatierende Tatbestand ist also die körperliche Organisation dieser Individuen und ihr dadurch gegebenes Verhältnis zur übrigen Natur ... Alle Geschichtsschreibung muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Lauf der Geschichte durch die Aktion der Menschen ausgehen.

Wir müssen „damit anfangen, daß wir die erste Voraussetzung aller menschlichen Existenz, also auch aller Geschichte konstatieren, nämlich die Voraussetzung, daß die Menschen imstande sein müssen zu leben, um „Geschichte machen“ zu können. Zum Leben gehört vor Allem Essen und Trinken, Wohnung, Kleidung und noch einiges Andere ... [Dies ist] eine Grundbedingung aller Geschichte, die noch heute, wie vor Jahrtausenden, täglich und stündlich erfüllt werden muß, um die Menschen nur am Leben zu erhalten. [24]

Also, zu jedem Zeitpunkt in der Geschichte gibt es eine Kerntätigkeit, die eine Voraussetzung für alles andere ist, das passiert. Diese ist die Tätigkeit der Verarbeitung der materiellen Welt, um essen, Wohnung und Kleidung zu bekommen.

Der Charakter dieser Tätigkeit hängt von der konkreten materiellen Lage ab, worin die Menschen sich befinden.

Diese bestimmt den Inhalt der grundsätzlichsten Formen der menschlichen Tätigkeit. Und daher bestimmt sie auch, wie die Individuen selbst sind.

Diese Weise der Produktion ist nicht bloß nach der Seite hin zu betrachten, daß sie die Reproduktion der physischen Existenz der Individuen ist. sie ist vielmehr schon eine bestimmte Art der Tätigkeit dieser Individuen, eine bestimmte Art, ihr Leben zu äußern, eine bestimmte Lebensweise derselben. Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Was sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren. [So:] Was die Menschen also sind, das hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion. [25]

Diese Passagen lasen sich nicht verstehen, wenn man Marx’ zentralen Punkt über die menschliche Tätigkeit – am besten in den „Thesen über Feuerbach“ ausgedrückt (die zur gleichen Zeit wie Die deutsche Ideologie geschrieben wurden) – nicht versteht. Für Marx ist die Menschheit Teil der Natur. Sie entsteht als Produkt der biologischen Evolution, und man muß nie ihre physische Abhängigkeit von der umliegenden materiellen Welt vergessen. Alle ihre Einrichtungen, Vorstellungen, Träume und Ideale lassen sich erst dann verstehen als Sachen, die aus dieser materiellen Realität entstehen – auch wenn der Weg, wodurch sie entstehen, oft lang und verwickelt ist. Wie Labriola es ausdrückte: „Ideen fallen nicht vom Himmel und Nichts kommt zu uns in einem Traum.“ [26]

Aber das heißt nicht, daß die Menschen sich nicht von der übrigen Natur unterscheiden. Wie jede andere Spezies hat die Menschheit ihre kennzeichnende Merkmale. Für Marx war das wichtigste dieser kennzeichnenden Merkmale die Weise, wie Menschen auf die materiellen Umstände, worin sie sich befinden, zurückwirken müssen, um zu überleben:

Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch ihre körperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst. [27]

Die Menschen können nicht unabhängig von ihren Umständen handeln. Aber das heißt nicht, daß sie sich darauf reduzieren lassen. Sie sind ständig dabei, die materielle objektive Welt um sich zu „negieren“, indem sie darauf in so einer Weise zurückwirken, daß sie sie sowie sich umwandeln.

Zu jedem Zeitpunkt in der Geschichte müssen die Menschen irgendeine Weise finden, um mit den Bedürfnissen des materiellen Überlebens zurechtzukommen. Wie sie damit zurechtkommen, ist nicht etwas von der objektiven physischen Welt Unabhängiges; sie ist vielmehr ein Produkt jener Welt. Trotzdem läßt es sich nie einfach als mechanische Konsequenz der physischen Zusammensetzung der Natur verstehen. Es ist nicht die mechanische Kausalität, sondern die menschliche Tätigkeit, die zwischen der Welt, worin Menschen sich befinden, und dem Leben, das sie führen, vermittelt.

 

 

Gesellschaftliche Produktion. Die Produktion ist nie individuelle Produktion. Nur die kollektive Anstrengung der Menschen ermöglicht es ihnen, einen Unterhalt von der Welt um sich zu gewinnen.

Daher muß die zentrale Kerntätigkeit – die Arbeit – gesellschaftlich organisiert werden. Jede besondere Stufe in der Entwicklung der menschlichen Arbeit erfordert bestimmte Arten von gesellschaftlichen Verhältnissen, um sie zu erhalten

In der Deutschen Ideologie bezieht Marx sich auf die gesellschaftlichen Verhältnisse zwischen Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte als die „Formen des Verkehrs “. Und er besteht auf folgendes: „Die Form dieses Verkehrs ist wieder durch die Produktion bedingt.“ [28]

Die verschiedenen Einrichtungen, die die menschlichen Verhältnisse verkörpern, lassen sich nur als etwas verstehen, das aus diesem Kern, dieser produktiven Wechselwirkung entwickelt:

Die Tatsache ist also die: bestimmte Individuen, die auf bestimmte Weise produktiv tätig sind, gehen diese bestimmten gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse ein ... Die gesellschaftliche Gliederung und der Staat gehen beständig aus dem Lebensprozeß bestimmter Individuen hervor; aber dieser Individuen, nicht wie sie in der eignen oder fremden Vorstellung erscheinen mögen, sondern wie sie wirklich sind, d.h. wie sie wirken, materiell produzieren, also wie sie unter bestimmten materiellen und von ihrer Willkür unabhängigen Schranken, Voraussetzungen und Bedingungen tätig sind. [29]

Um ihr materielles Leben zu erhalten, werden Menschen dazu gezwungen, auf die Welt in bestimmten Weisen zu wirken – sich an der materiellen Produktion zu beteiligen. Aber das benötigt bestimmte Formen der Zusammenarbeit zwischen ihnen.

Diese Kernverhältnisse bilden einen Rahmen, worin alles andere, die die Menschen machen, passen muß. Alles andere stützt sich in diesem Sinne auf ihnen. Sie liefern die Schranken dafür, was in jeder Gesellschaft möglich ist.

So z.B. hat eine Jäger-Sammler-Gesellschaft keine Mittel, um Nahrungsmittel für mehr als einige Tage zu lagern, und kann nur überleben, wenn ihre Mitglieder Schi ständig auf der Suche nach Nahrungsmittel herumziehen. Sie ist deshalb in einigen Weisen beschränkt; sie darf nicht aus Banden von mehr als etwa 20 Menschen bestehen; Die Frauen dürfen mehr als ein Kind jedes vierte oder fünfte Jahr haben, da man die Kinder tragen muß, wenn die Bande nach Nahrung sucht; es gibt keine Weise, wie ein Teil der Gesellschaft von der Arbeit befreit werden darf, um sich am Schreiben, am Lesen an der höheren Arithmetik usw. zu beteiligen.

Das ist die engste Weise, wie man Marx’ Argument verstehen kann.

Aber er sieht auch, daß es noch breitere Implikationen als das hat. Die Verhältnisse der materiellen Produktion beschränken nicht nur die übrigen Verhältnisse in der Gesellschaft, sie sind auch die Quelle der Inhalte dieser Verhältnisse.

Die Geschichte der Gesellschaft ist die Geschichte der Änderungen in den Weisen, wie die Produktion stattfindet, die je mit Änderungen in den Verhältnisses zwischen Menschen unmittelbar um den Produktionsprozeß. Und diese Änderungen üben der Reihe nach einen Druck auf alle anderen gesellschaftlichen Verhältnisse.

Wenn z.B. eine Bande von Jäger-Sammlern Mittel annehmen, die die zur Verfügung stehenden Nahrung radikal vergrößert (indem z.B. sie selber Wurzelgemüse pflanzen, anstatt danach suchen zu müssen) und die die Lagerung für lange Perioden ermöglichen (z.B. in Tontöpfen), ändert das notwendigerweise ihre gesellschaftlichen Verhältnisse miteinander. Anstatt ständig umzuziehen, müssen sie in einem Ort bleiben bis die Ernte geerntet werden kann; wenn sie länger in einem Ort bleiben, gibt es nicht mehr eine Notwendigkeit für die Beschränkung der Zahl der Kinder pro Frau; die Ernte wird zu etwas, das andere Menschenbanden ergreifen können, und liefert so zum ersten Mal einen Anreiz für Krieg zwischen den Banden.

Änderungen in der Weise, wie die materielle Produktion stattfindet, führen zu Änderungen in den Verhältnissen der Gesellschaft im allgemeinen.

Und auch Verhältnisse zwischen Menschen, die nicht aus der Produktion entstehen – die Spiele, die Menschen miteinander spielen, die Formen, die der Geschlechtsverkehr annimmt, die Verhältnisse zwischen Erwachsenen und jungen Babys – werden beeinflußt.

Marx leugnet die Realität der Verhältnisse außer den direkt produktiven. Noch leugnet er, daß sie die Weise beeinflussen, wie die Produktion stattfindet. Wie er es ausdrückt in Theorien über den Mehrwert:

Alle Umstände ..., die den Menschen affizieren, das Subjekt der Produktion, modifizieren mehr oder weniger alle seine Funktionen und Tätigkeiten als Schöpfer des materiellen Reichtums, der Waren. In dieser Hinsicht kann in der Tat nachgewiesen werden, daß alle menschlichen Verhältnisse und Funktionen, wie und worin sie sich darstellen, die materielle Produktion beeinflussen und mehr oder minder bestimmend auf sie eingreifen. [30]

Das stimmte auch in Vorklassengesellschaften. Es gibt eine Tendenz dazu, daß alte Muster der Arbeit und des Lebens feste Form in relativ unbeugsame Systeme annehmen. Sie werden mit der Entwicklung von Systemen der Religion, der Magie, der Tabus, der Ritualien usw. „geheiligt“. Am Anfang werden diese Systeme auch in „schlechten Zeiten“ weiter durchgeführt, wenn die kurzfristigen Bedürfnisse oder Wünsche des Individuums vielleicht zu Handlungen führen, die die langfristigen Interessen der gesellschaftlichen Kollektivs verderben. Aber durch gerade diese Tatsache halten sie Innovation und Bewegungen in Richtung neuer Produktionsformen ab, die von langfristigem sowie kurzfristigem Vorteil sein würden.

 

 

Ausbeutung und der Überbau. Etwas mehr als einfache Zusammenarbeit zwischen den Menschen wird benötigt, so daß die Produktivkräfte sich über einen bestimmten Punkt entwickeln. Die Ausbeutung wird auch benötigt.

Während der Zeit, wo der Überschuß, der nach der Befriedigung der Mindestbedürfnisse aller übrig bleibt, klein ist, lassen sich Ressourcen für die weitere Entwicklung der Produktivkräfte nur dann zusammensammeln, wenn der Überschuß unter der Kontrolle einer kleinen privilegierten Minderheit der Gesellschaft steht. Das ist der Grund, warum wo auch immer es die Entwicklung der wirklichen Landwirtschaft aus dem Gartenbau, das Wachstum des Handels, die Anwendung von Dämmen und Kanälen, um Fluten zu verhindern und das Land zu bewässern, gibt, gibt es auch die Anfänge einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaft zwischen den Ausbeutenden und den Ausgebeuteten.

Die neue Ausbeutergruppe hat ihre Ursprünge in ihrer Rolle in der Produktion; sie bildet sich aus denjenigen, die am effizientesten neue Methoden der landwirtschaftlichen Produktion einführten, oder aus denjenigen, die Pionierarbeit für neue Arten des Handels zwischen der einen Gesellschaft und ihren Nachbarn leistete, oder aus denjenigen, die ihre Nichtbeteiligung an der erschöpfenden Schwerarbeit wegen ihrer Fähigkeit, Flutmuster vorherzusagen oder Wasserwerke zu konstruieren, rechtfertigen konnten. Aber vom Anfang an sichert die neue Ausbeutergruppe ihre Kontrolle durch Mittel außerhalb ihrer Rolle in der Produktion. Sie benutzt ihren neuen Reichtum, um Krieg zu führen, und erhöht dadurch ihren Reichtum mit Beute und gefangenen Sklaven. Sie gründet „besondere Körperschaften von bewaffneten Männern“, um ihren alten und ihren neuen Reichtum gegen innere und äußere Feinde zu sichern. Sie gewinnt die Kontrolle über religiöse Riten und schreibt den Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft den eigenen „übernatürlichen Kräften“. Sie schreibt die alten Sittenkodexe in neue Regelsätze um, die ihre Position sanktionieren.

Kurz gesagt: die neue Ausbeutergruppe schafft ein ganzes Netzwerk von nichtproduktiven Verhältnissen, um die privilegierte Position zu sichern, die sie für sich gewonnen hat. Sie versucht durch diese politischen, juridischen und religiösen Mittel die eigene Position zu sichern. Sie schafft einen nichtökonomischen „Überbau“, um die Quelle der eigenen Privilegien in der ökonomischen „Basis“ zu sichern.

Gerade diese Funktion dieser „nichtökonomischen“ Einrichtungen bedeutet, daß sie eine riesige ökonomischen Wirkung haben. Dabei geht es darum, Kontrolle über die Basis zu üben, die bestehenden Ausbeutungsverhältnisse festzulegen, und deswegen schränken sie Änderungen der Produktionsverhältnisse ein, auch wenn das die Verhinderung weiterer Entwicklungen der Produktivkräfte bedeutet.

In Altchina z.B. entstand eine herrschende Klasse auf der Basis von bestimmten Arten der materiellen Produktion (Landwirtschaft, die die Anwendung von hydraulischen Einrichtungen umfaßte) und der Ausbeutung. Ihre Mitglieder versuchten dann ihre Position aufrechtzuerhalten, indem sie politische und ideologische Einrichtungen schufen. Aber dabei schufen sie Instrumente, die man benutzen konnte, um jede gesellschaftliche Kraft niederzuschlagen, die aus Änderungen in der Produktion entstand (Z:B: aus dem Wachstum des Handwerks bzw. des Handels). Gelegentlich hieß da die physische Vernichtung den neuen Produktionsmittel.

So groß ist die gegenseitige Wechselwirkung des „Überbaus“ auf der Basis, daß viele der Kategorien, die wir häufig [normalerweise] all „ökonomisch“ betrachten, eigentlich aus beiden gebildet werden. So z.B. sind „Eigentumsrechte“ juristisch (Teil des Überbaus), aber sie regeln die Weise, wie die Ausbeutung stattfindet (Teil der Basis).

Die Weise, wie das Politische und das Juristische ins Ökonomische zurückfließen, ist zum ganzen Ansatz von Marx absolut zentral. Sie allein ermöglicht es ihm über aufeinanderfolgende unterschiedliche „Produktionsweisen“ zu sprechen – über Etappen in der Geschichte, wo die Organisation der Produktion und der Ausbeutung in bestimmten Weisen eingefroren ist, die je eine unterschiedliche herrschende Klasse hat, die versucht die ganze Gesellschaft zu formen, um sie nach ihren Bedürfnissen zu richten.

Weit davon entfernt, die Wirkung des „Überbaus“ auf die „Basis“ zu ignorieren, wie viele ungebildete Kritiker seit über Hundert Jahren behaupten, baut Marx seine ganze Darstellung der menschlichen Geschichte um sie auf.

Alte Produktionsverhältnisse wirken als Fesseln, die das Wachstum von neuen Produktivkräften verhindern. Wie? Wegen der Tätigkeit des „Überbaus“ beim Versuch, neue Produktions- und Ausbeutungsformen zu verhindern, die das Monopol der alten herrschenden Klasse über Reichtum und Macht herausfordern. Seine Gesetze erklären, daß die neue Weisen illegal sind, seine religiöse Einrichtungen denunzieren sie als unmoralisch, seine Polizei verwenden Folter dagegen, seine Armeen plündern die Städte, die sie praktizieren.

Die massiven politischen und ideologischen Kämpfe, die als Ergebnis davon entstehen, entscheiden, laut Marx, ob eine neue herrschende Klasse, die sich auf neue Produktivkräften stützt, weine alte herrschenden Klasse ersetzt. Also ist es eine absolute Karikatur seiner Ansichten, wenn man behauptet, daß er das politische oder ideologische Element „vernachlässigt“.

Aber das Wachstum der Einrichtungen im Überbau friert nicht bloß die bestehenden Produktionsverhältnisse ein; es kann auch tiefe Auswirkungen auf die Verhältnisse zwischen den Mitgliedern der herrschenden Klasse selbst haben, und deshalb auf die Weise, wie sie auf die anderen Klassen der Gesellschaft reagieren.

Diejenigen, die die Armeen, die Polizeikräfte und die Priesterschaften befehligen, leben vom Überschuß, die durch Ausbeutung gewonnen wird, ebensosehr wie die unmittelbaren Ausbeuter. Aber sie entwickeln bestimmte eigene Interessen: Sie wollen, daß ihr Anteil des Überschusses so groß wie möglich sein sollte; sie wollen, daß bestimmte Arten der materiellen Produktion stattfinden, die die besonderen Bedürfnisse ihrer Einrichtungen passen; sie wollen, daß ihre Art Lebensstil höher bewertet sein sollte als den derjenigen, die unmittelbar an der Produktion beteiligt sind.

Ihr Versuch, die eigenen besonderen ziele zu erreichen, kann zum Aufbau von immer komplexeren Einrichtungen, zu komplizierten Regeln über das soziale Verhalten, zu endlosen Schlachten [Kämpfen] über Rang und Einfluß führen. Das Endergebnis kann labyrinthähnliche Strukturen sein, worin die Quelle des Reichtums und der Privilegien in der materiellen Produktion völlig vergessen wird.

Wenn das passiert, kann der Überbau über das einfache Einfrieren der ökonomischen Tätigkeiten, auf denen er sich stützt, hinaus gehen. Er kann eine Belastung von ihnen werden, die ihre Reproduktion verhindert – und dadurch kann er die Ressourcen zerstören, von denen die ganze Gesellschaft, einschließlich dem Überbau selbst, abhängt. Dann holt die materielle Realität ihn ein und das ganze gesellschaftliche Gefüge bricht zusammen.

Aber keine dieser Entwicklungen findet ohne massiven politischen und ideologischen Kämpfen statt. Gerade diese bestimmen, ob ein Satz von sozialen Aktivitäten (diejenigen des Überbaus) einen anderen Satz von sozialen Aktivitäten (diejenigen, die an der Aufrechterhaltung und Entwicklung der materiellen Basis beteiligt sind). Gerade diese entscheiden, laut Marx, ob die bestehende herrschende Klasse ihre Macht aufrechterhält, bis sie die ganze Gesellschaft ruiniert, oder ob eine steigende Klasse, die sich auf neuen Produktionsformen stützt, sie ersetzt.

„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen“ [31], schrieben Marx und Engels am Anfang des Kommunisten Manifests. Aber der Klassenkampf besteht gerade aus dem Kampf zwischen denen, die die politischen und ideologischen Einrichtungen des Überbaus benutzen, um ihre Macht über die produktive „Basis“ aufrechtzuerhalten, und denen, die sich ihnen widersetzen.

Der Überbau existiert, um die Ausbeutung und ihre Früchte zu verteidigen. Jeder wirkliche Kampf gegen die bestehenden Strukturen der Ausbeutung wird zum Kampf gegen den Überbau, einem politischen Kampf. Wie Lenin es ausdrückte: „Die Politik ist konzentrierte Ökonomie.“ [32]

Der Marxismus betrachtet nicht den politischen Kampf als einfach eine automatische, passive Widerspiegelung der Entwicklung der Produktivkräfte. Die ökonomische Entwicklung erzeugt die Klassenkräfte, die um die Kontrolle über die Gesellschaft kämpfen. Aber wie dieser Kampf ausgeht, hängt von der politischen Mobilisierung ab, die innerhalb jeder Klasse stattfindet.

 

 

Die Schlüsselrolle der Änderungen in der Produktion. Wir sind jetzt in der Lage, Engels Äußerung neuzubewerten, daß „ die verschiedenen Momente des Überbaus ... auch ihre Einwirkung auf den Verlauf der geschichtlichen Kämpfe ausüben und in vielen Fällen vorwiegend deren Form bestimmen.“ [33]

Unter jeder Form der Klassenherrschaft werden eine Reihe Strukturen aufgebaut, um die Ausbeutung zu verstärken und zu institutionalisieren. Diejenigen, die die Kontrolle über diese Einrichtungen ausüben, haben die eigenen Interessen, die alles andere beeinflussen, das in der Gesellschaft passiert – einschließlich der Natur der materiellen Produktion selbst.

Damit kann man jedoch die Sache nicht als erledigt betrachten, wie die „voluntaristische“ Interpretation von Engels’ Bemerkungen impliziert. Es gibt immer noch die Frage, woher die Einrichtungen des Überbaus selbst entstehen. Und es gibt die allerwichtigste Frage, was passiert, wenn der Überbau sich in so einer Weise entwickelt, daß er die Reproduktion der eigenen materiellen Basis behindert.

Marx besteht darauf, daß einfach zu behaupten, alles in der Gesellschaft beeinflußt alles – der Überbau die Basis sowie umgekehrt –, ins nichts führt. Er nimmt den Punkt im Elend der Philosophie, seiner bald nach der Deutschen Ideologie geschriebenen Polemik gegen Proudhon, auf:

Die Produktionsverhältnisse jeder Gesellschaft bilden ein Ganzes. Herr Proudhon betrachtet die ökonomischen Verhältnis als ebenso viele Phasen, die einander erzeugen, von denen die eine aus der anderen sich ergibt ...

Der einzige Übelstand bei dieser Methode ist der, daß Herr Proudhon, sobald er eine einzelne dieser Phasen getrennt untersuchen will, er sie nicht erklären kann, ohne auf die anderen gesellschaftlichen Verhältnisse zurückzukommen, obwohl er diese Verhältnisse noch nicht vermittelst seiner dialektischen Bewegung hat entstehen lassen. [34]

In seinen Schriften deutet Marx auf drei Konsequenzen einer solchen Ansicht über die Gesellschaft als undifferenzierte Ganze hin, wo alles alles andere beeinflußt.

Erstens kann sie zu einer Ansicht führen, wo die bestehende Form der Gesellschaft als ewig und unveränderlich betrachtet wird (die Ansicht, die Marx den bürgerlichen Ökonomen zuschreibt, die die gesellschaftlichen Verhältnisse als etwas betrachten, das von „ewigen Gesetzen [geregelt wird], die immer die Gesellschaft regeln müssen. Daher hat es Geschichte gegeben, aber es gibt sie nicht mehr“ [35]; sie ist die Ansicht, die der Sterilität der modernen Pseudowissenschaft der Gesellschaft, der Soziologie, zugrundeliegt).

Zweitens kann sie zur Ansicht, daß die Dynamik der Gesellschaft in irgendwelcher mystischen Kraft liegt, die selbst außerhalb der Gesellschaft liegt (Hegels „Weltgeist“ oder Webers „Rationalisierung“).

Drittens kann sie zur Ansicht führen, daß das, was heute existiert, nur mit den eigenen Begriffen [Worten] zu begreifen ist, durch die eigene Sprache und Vorstellungen ohne Rücksicht auf etwas anderes (die Position derjenigen idealistischen Philosophen, die nach Hegel im Deutschland des 19. Jahrhunderts kamen, und neuerer Denker wie Collingwood, Winch und der ehemaligen Althusserianer.).

Marx’ Weg aus dieser Sackgasse besteht darin, das einzige Element im ganzen gesellschaftlichen Gefüge zu erörtern, das einer Tendenz zur eigenen kumulativen Entwicklung hat. Dies ist die Tätigkeit der Menschen bei der Bearbeitung ihrer Umwelt, um einen Unterhalt für sich zu bekommen. Vergangene Arbeit liefert die Mittel zur Vergrößerung des Ausstoßes der gegenwärtigen Arbeit: sowohl materielle Mittel (Werkzeuge, Maschinen, Zugang zu neuen Rohstoffen) als auch neues Wissen. Aber indem sie die neuen Arbeitsweisen annehmen, nehmen die Menschen auch neue Weisen an, wie sie sich miteinander verhalten.

Diese Änderungen sind oft so klein, daß sie kaum wahrnehmbar sind (ein verändertes Verhältnis zwischen zwei Menschen hier, eine zusätzliche Person, die sich an einem bestimmten Arbeitsprozeß irgendwo anders beteiligt). aber wenn sie sich fortsetzen, verursachen sie unvermeidlich eine systematische molekulare Änderung in der ganzen gesellschaftlichen Struktur. Die Reihe quantitativer Änderungen hat dann eine qualitative Auswirkung.

Marx leugnet nicht die Möglichkeit der Änderung in anderen Aspekten des gesellschaftlichen Leben. Ein Herrscher stirbt vielleicht und seine Nachfolger hat eine ganz andere Persönlichkeit. Die Menschen werden vielleicht mit einem Spiel müde und fangen damit an, ein anderes zu spielen. Der Zufall der Geburt oder der Erziehung erzeugt vielleicht einen begabten Maler oder Musiker. Aber alle solche Änderungen sind Zufall. Es gibt keinen Grund, warum sie zur kumulativen gesellschaftlichen Änderung irgendwelcher Art führen sollte. Sie können zufällige Änderung in der Gesellschaft erzeugen, aber nicht eine Dynamik, die die Gesellschaft in eine bestimmte Richtung bewegt.

Die materielle Produktion andererseits hat eine Tendenz dazu, sich in eine Richtung eher als in eine andere zu bewegen. Ihre Ausstoß ist Reichtum, die Ressourcen, die es ermöglichen, daß das Leben frei von materieller Not ist. Und diese Ressourcen lassen sich in immer größeren Mengen anhäufen.

Das heißt nicht, daß die Produktivkräfte sich immer entwickeln, wie Kautsky, Plechanow und vor kürzerer Zeit G.A. Cohen behauptet haben. Wie gesehen, ist der Zusammenstoß zwischen neuen Produktionsweisen und alten gesellschaftlichen Verhältnissen ein zentrales Merkmal der Geschichte.

Marx bemerkte im Kommunistischen Manifest: „Unveränderte Beibehaltung der alten Produktionsweise war dagegen die erste Existenzbedingung aller früheren industriellen Klassen.“ [36] Das Ergebnis des Zusammenstoßes zwischen der alten und der neuen müßte nicht unbedingt die Niederlage der alten sein. „Der gemeinsame Untergang der kämpfenden Klassen“ [37] könnte auch das Ergebnis sein.

Die „rückläufige Entwicklung“ (von entwickelteren Produktionsformen auf rückständigere) ist weit davon entfernt, eine historische Ausnahme zu sein. Zivilisation nach Zivilisation ist in die „Barbarei“ (d.h. in die landwirtschaftliche Produktion ohne Städte) zusammengebrochen –dazu bezeugen die toten „Städte im Dschungel“, die in Lateinamerika, Südostasien und Mittelafrika zu finden sind; es gibt mehrere Beispiele von Jäger-Sammler-Völkern, die Zeichen haben, daß sie einmal Gartenbauer waren (z.B. einige Stämme im Amazonas). [38] Es hängt von den besonderen historisch entwickelten Merkmalen einer Gesellschaft ab, ob die neuen Produktivkräfte sich entwickeln können und die damit verbundenen Klassen durchbrechen können. An einem Extrem kann man sich Gesellschaften vorstellen, die so an einer gesellschaftlichen Sklerose leiden, daß keine Innovation in der Produktion möglich ist (wo z.B. eng eingegrenzte religiösen Ritualien bestimmen, wie jede Tat der Produktion durchgeführt werden sollte). Am anderen Extrem ist die moderne kapitalistische Gesellschaft, wo das A und O des Lebens die Vergrößerung der Produktivität der Arbeit sein sollte.

In Wirklichkeit sind die meisten menschlichen Gesellschaften irgendwo dazwischen gewesen. Weil das menschliche Leben hart ist, haben die Menschen immer den Unterhalt vergrößern wollen, den sie für eine bestimmte Menge Arbeit bekommen können, auch wen bestimmte Aktivitäten geheiligt und andere tabuisiert worden sind. Im allgemeinen hat es eine sehr langsame Entwicklung der Produktivkräfte gegeben, bis der Punkt erreicht worden ist, wo eine neue Klasse damit angefangen hat, die alte herauszufordern. Was dann passiert ist, ist einerseits vom Verhältnis der Klassenkräfte und andererseits von der Führung und vom Verständnis der konkurrierenden Klassen abhängig gewesen.

Aber auch wenn die Entwicklung der Produktivkräfte die Ausnahme und nicht die Norm bildet, widerlegt das nicht Marx’ Argumentation. Denn diejenigen Gesellschaften, wo die Produktivkräfte durchbrechen, gedeihen und schließlich den Punkt erreichen, wo sie diejenigen dominieren können, wo die Produktivkräfte unterdrückt [erstickt] worden sind. Sehr wenige Gesellschaften bewegten sich von der Stufe der Barbarei zur Stufe der Zivilisation; aber viele von denjenigen, die es nicht geschafft hatten, wurden von denjenigen versklavt, die es geschafft hatten. Ein anderes Beispiel: Die feudalen Baronen und die orientalisch-despotischen niederen Adligen konnten normalerweise die Herausforderung der städtischen Handwerker und Händler zurückschlagen; aber das hinderte es nicht, daß sie alle von der Welle des Kapitalismus überwältigt wurden, die sich vom westlichen Rand Europas während des 18. und 19. Jahrhunderts ausbreitete.

Letzten Endes war es egal, wie großartig oder ausgeklügelt der Überbau einer Gesellschaft war. Er stützte sich auf einer „Basis“ in der materiellen Produktion. Falls er diese Basis daran hinderte, sich zu entwickeln, dann war der Überbau selbst schließlich zum Untergang verdammt. In diesem Sinne hatte Engels Recht als er sagte, daß „als Notwendiges die ökonomische Bewegung sich durchsetzt“. [39]

Es ist eine historische Tatsache, daß die Produktivkräfte erfolgreich durchbrachen und die Totalität der gesellschaftlichen Verhältnisse verwandelten, in denen sie aufgewachsen waren.

 

 

Basis, Überbau und gesellschaftliche Änderung

Ein großer Teil der Verwirrung, die unter Marxisten über die Interpretation des Marx’schen Vorworts zur Kritik der politischen Ökonomie entstanden ist, liegt in der Definition der „Basis“, worauf sich der „juristische und politische Überbau“ erhebt.

Für einige Leute hat die „Basis“ in Wirklichkeit aus der materiellen Wechselwirkung zwischen Menschen und Natur – den Produktivkräften – bestanden. Für andere bestand sie aus den gesellschaftlichen Verhältnissen, innerhalb deren diese Wechselwirkung stattfindet, den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen.

Man kann eine der beiden Positionen rechtfertigen, wenn Mann bestimmte Zitate aus dem Vorwort isoliert von der übereigne Passage von von Marx’ anderen Schriften nimmt. Denn zu einem Zeitpunkt spricht er von der „Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse“ als der „realen Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt“. Aber früher sagt er, die „Produktionsverhältnisse ... entsprechen einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte“ und er fährt fort und stellt die „materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen“ „den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen“ entgegen. Es sind „die materiellen Produktivkräfte“, die in Widerspruch mit , die „den vorhandenen Produktionsverhältnissen“ geraten.

In Wirklichkeit macht er in der Kritik nicht eine einzige Unterscheidung zwischen „Basis“ und „Überbau“. Es gibt eigentlich zwei Unterscheidungen. Einerseits gibt es die Unterscheidung zwischen den „Produktivkräften“ und den Produktionsverhältnissen. andererseits gibt es die Unterscheidung zwischen den Produktionsverhältnissen und den übrigen gesellschaftlichen Verhältnissen.

Der Grund für die Verwirrung ist folgendes. Die „Basis“ ist eine Kombination der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse. Aber ein Element in dieser Kombination ist „grundsätzlicher“ als das andere. Es sind die „Produktivkräfte, die dynamisch sind, die fortschreiten, bis sie „in Widerspruch geraten“ mit den statischen „Produktionsverhältnissen“. die Produktionsverhältnisse „entsprechen“ den Produktivkräften, nicht umgekehrt.

Selbstverständlich gibt es einen Sinn, in dem es unmöglich ist, die materielle Produktion von den davon umgefaßten gesellschaftlichen Verhältnissen zu trennen. Wenn neue Arbeitsweisen neue gesellschaftliche Verhältnisse umfassen, dann können sie erst dann entstehen, wenn diese gesellschaftlichen Verhältnisse entstehen.

Aber wie oben gesehen, gibt es Gründe dafür, die Priorität den Produktivkräften zuzuschreiben. Menschliche Gruppen, die erfolgreich ihre Arbeitsweise ändern, um die Produktivkräfte zu entwickeln, werden erfolgreicher sein als diejenigen, die es nicht machen. Kleine kumulative Änderungen in den Produktivkräften können stattfinden, die Änderungen in den Verhältnissen zwischen den Menschen ermutigen, die genauso klein sind, aber auch genauso kumulativ. Die Menschen ändern ihre Verhältnisse miteinander, weil sie die Mittel ihres Unterhalts leichte produzieren wollen; Vergrößerung der Mittel des Unterhalts ist das Ziel; Änderungen in den gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse sind die ungewollte Konsequenz. Die Produktivkräfte rebellieren gegen die bestehenden Produktionsverhältnisse, nicht umgekehrt.

Also z.B., wenn Sammler-Jäger entscheiden, ihre gesellschaftlichen Verhältnisse miteinander zu ändern, um sich am Gartenbau zu beteiligen, ist das nicht hauptsächlich als Ergebnis irgendeines Glaubens, daß die gesellschaftlichen Verhältnisse beim Gartenbau denen einer Sammler-Jäger-Gesellschaft sind; vielmehr wollen sie Zugang zur gesteigerten materiellen Produktivität des Gartenbaus gegenüber des Sammelns und Jagens.

In gleicher Weise ist es nicht eine Vorliebe für einen bestimmten Satz von Verhältnissen um den Produktionsprozeß eher als für einen anderen, die die Bürger dazu führt, die feudale Gesellschaft herauszufordern. Vielmehr ist es die Tatsache, daß für eine Gruppierung von Menschen innerhalb des Feudalismus besteht die einzige Weise, wie sie die eigene Kontrolle über die Mittel des Unterhalts steigern kann (die Produktiv unter ihrer Kontrolle entwickeln können), darin, daß sie neue Produktionsverhältnisse bilden.

Auch wenn die Weise, wie eine Gesellschaft organisiert wird, sich ändert wegen des Drucks einer anderen Gesellschaft auf sich (wie es der Fall war, als Indien während des 19. Jahrhunderts dazu gezwungen wurde, eine System des Landbesitzes nach europäischem Muster anzunehmen, oder als Jäger-Sammler von Kolonialverwaltern oder Missionaren überzeugt worden sind, ein seßhaftes landwirtschaftliches Leben anzunehmen), ist der Grund, warum der Druck besteht, die Tatsache, daß die andere Gesellschaft über fortgeschrittenere Produktivkräfte verfügt (die effektivere Mittel für die Kriegsführung bedeuten). Und die „gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse“ werden nicht fortdauern, wenn sie nicht erfolgreich die materielle Produktion organisieren – eine „Basis“ in der materiellen Produktion finden – in der Gesellschaft, die dazu gezwungen wird, sie anzunehmen. Wo sie eine solche „Basis“ nicht finden (wie bei dem Ik-Volk im Norden Ugandas), kann das Ergebnis sogar die Vernichtung der Gesellschaft sein. [40]

Die Ausdehnung der materiellen Produktion ist die Ursache, die gesellschaftliche Organisation der Produktion die Wirkung. Die Ursache kann selbst durch die alte Organisationsform der Gesellschaft blockiert werden. Es gibt kein mechanisches Prinzip, das heißt, daß die Ausdehnung der materiellen Produktion –und damit die Änderungen in den gesellschaftlichen Verhältnissen – automatische stattfinden wird. Aber in jeder Gesellschaft wird es Zwänge in diese Richtung bei einem Zeitpunkt oder dem anderen geben. Und diese Zwänge werden gesellschaftliche Konsequenzen haben, auch wenn diejenigen, die den alten gesellschaftlichen Verhältnissen verpflichtet sind, sich den Zwängen erfolgreich widersetzen.

Die Unterscheidung zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen ist der zweiten Unterscheidung, der zwischen der „ökonomischen Basis“ und dem Überbau vorrangig. Die Entwicklung der Produktivkräfte führt zu bestimmten Änderungen in den Produktionsverhältnissen. Diese führen der Reihe nach dazu, daß Änderungen in den anderen Verhältnissen der Gesellschaft gemacht werden, bis eine ganze Reihe von Einrichtungen der nichtökonomischen Sorte dabei helfen, die bestehenden ökonomischen Verhältnisse zu reproduzieren (und daher sich der weiteren ökonomischen Entwicklung widersetzen).

Der Punkt bei diesen Unterscheidungen besteht darin, ein Verständnis darüber zu liefern, wie die Gesellschaft sich ändert. Wenn die Produktivkräfte statisch sind, dann gibt es keinen Grund, warum überhaupt eine Gesellschaft systematische Änderung erfahren sollte. Die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse werden einfach dazu neigen, sich zu reproduzieren, so daß höchstens es ziellose zufällige Änderungen in den Zwischenmenschlichen Verhältnissen geben wird. Weder die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse noch die breiteren gesellschaftlichen Verhältnisse werden überhaupt einen Anstoß zu den revolutionären gesellschaftlichen Änderungen geben wird, die stattfinden (z.B. von Gesellschaften, die aus kleinen Banden bestehen, zu denen mit festgesetzten Dörfern, oder von denen mit mittelalterlichen feudalen Landgütern zu denen mit fortgeschrittenen industriellen kapitalistischen Städten).

Es gibt eine weitere Verwirrung in Teilen der Diskussion über Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse. Diese bezieht sich darauf, was die „Produktionsverhältnisse“ eigentlich sind.

Zu einem Zeitpunkt im Vorwort setzt Marx die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse mit den Eigentumsverhältnissen gleich. Menschen wie Cohen haben dieser Ansicht eine Zentrale Rolle in ihren Darstellungen des historischen Materialismus gegeben.

Mir scheint es, daß diese Position die Vorstellung der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse viel zu seht einschränkt. Ein großer Teil der Kraft der Marx’schen Darstellung der Geschichte liegt in der Weise, wie sie zeigt, wie kleine Änderungen in den gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse zu kleinen kumulativen Änderungen in den direkt an der Produktionsstelle entstehenden gesellschaftlichen Verhältnissen führen, bis diese die breiteren Verhältnisse der Gesellschaft in Frage stellen. Diese kleinen Änderungen bringen vielleicht neue Eigentumsverhältnisse mit sich, aber in vielen, vielen wichtigen Fällen ist es nicht so.

Zum Beispiel, ein Anstieg der Zahl der Gesellen, die für den durchschnittlichen Handwerksmeister in einer mittelalterlichen Stadt ist keine Änderung der Eigentumsverhältnisse. Aber er ändert die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Stadt in einer Weise, die vielleicht sehr wichtige Implikationen hat. Ähnliche Überlegungen gelten für viele andere bedeutende historische Entwicklungen vom ersten Einpflanzen von Samen durch Sammler-Jäger zu Änderungen in Produktionsmethoden in kapitalistischen Ländern heute.

Um die bisherige Argumentation zusammenzufassen: Es gibt nicht eine Unterscheidung bei Marx, sondern zwei. Die Produktivkräfte üben Druck auf die bestehenden Produktionsverhältnisse aus. Und diese geraten der Reihe nach in Konflikt mit dem bestehenden Überbau.

wenn man einmal das begriffen hat, ist es möglich, sich mit Fragen zu befassen, die manchmal erhoben werden, ob bestimmte Einrichtungen zur Basis oder zum Überbau gehören.

Es gibt einen Sinn, worin die Fragen selbst falsch formuliert sind. Die Unterscheidung zwischen Basis und Überbau ist nicht eine Unterscheidung zwischen einer Gruppe Einrichtungen und einer anderen, wobei ökonomische Einrichtungen auf der einen Seite und politische, juristische, ideologische usw. Einrichtungen auf der anderen sind. Sie ist eine Unterscheidung zwischen Verhältnissen, die direkt mit der Produktion verbunden sind, und denjenigen, die nicht direkt mit der Produktion verbunden sind. Viele bestimmte Einrichtungen enthalten beide.

So z.B. war die mittelalterliche eine Einrichtung im Überbau, die ideologisch die bestehenden Formen der feudalen Ausbeutung verteidigte. Aber sie erwarb solche großen eigenen Landbesitztümern, daß keine Darstellung der ökonomischen Struktur der mittelalterlichen Gesellschaft sie ignorieren kann. In der gleichen Weise entstand die modernen kapitalistischen Staaten aus dem Bedürfnis nach „Körperschaften von bewaffneten Menschen“, um bestimmte kapitalistische herrschende Klassen zu verteidigen. Aber solche Verteidigung ist selten möglich gewesen, ohne daß der Staat direkt in die Produktion eingemischt hat.

In vorkapitalistischen Gesellschaften kommt sogar die Frage der Klassenzugehörigkeit der Menschen dazu, daß sie von Faktoren im Überbau abhängig ist. Der Versuch, die bestehenden Produktions- und Ausbeutungsverhältnisse zu konservieren, führt zu komplizierten Normen, die jedes Individuum der einen oder anderen Kaste bzw. Stand zuschreiben. Das bestimmt der Reihe nach die produktive Tätigkeit (wenn überhaupt), die ihnen offen ist. Wie Marx es ausdrückte: „... auf einem bestimmten Entwicklungsgrad wird die Erblichkeit der Kasten ... als gesellschaftliches Gesetz dekretiert.“ [41] Und: „Im Stand ... bleibt ein Adliger ein Adliger, ein Roturier [Nichtadliger, Bürgerlicher] stetes ein Roturier, abgesehn von seinen sonstigen Verhältnissen, eine von seiner Individualität unzertrennliche Qualität.“ [42]

Es gibt einen Sinn, wo es stimmt, wenn man sagt, daß erst in der bürgerlichen Gesellschaft „reine“ Klassen bestehen – gesellschaftliche Gruppierungen, deren Mitgliedschaft völlig von Ausbeutungsverhältnissen im Produktionsprozeß abhängen im Gegensatz zu Privilegien, die in juristischen bzw. religiösen Normen verkörpert werden. [43] Selbstverständlich haben diese Normen ihren Ursprung in der materiellen Ausbeutung, aber Jahrhunderte der verfrorenen gesellschaftlichen Entwicklung haben diese Tatsache verhüllt.

Die Situation mit der modernen Familien ist der der mittelalterlichen Kirche oder des modernen Staats ähnlich. Sie wuchs auf, um schon bestehende Produktionsverhältnisse zu konservieren und zu reproduzieren. Aber sie kann das nicht machen, ohne daß sie eine sehr wichtige ökonomische Rolle spielt (im Falle der Arbeiterfamilie organisiert sie die riesige Menge häuslicher Arbeit, die in die physische Reproduktion der Arbeitskraft eingesteckt werden muß, im Falle der kapitalistischen Familie definiert sie die Weise, wie das Eigentum von einer Generation zur anderen übergeben wird). [44]

Das hat zu Versuchen geführt, sie der Basis wegen ihrer ökonomischen Rolle zuzuschreiben. [45] Aber die Unterscheidung zwischen Basis und Überbau ist eine Unterscheidung zwischen gesellschaftlichen Verhältnissen, die unmittelbaren Änderungen mit Änderungen in den Produktivkräften ausgesetzt sind, und denjenigen, die relativ stabil sind und sich der Änderung widersetzen. Die kapitalistische Familie gehört eher letzterer Kategorie als ersterer an, auch in ihrer „ökonomischen“ Funktion der Reproduktion der Arbeiterschaft [Arbeitskräfte].

Änderungen in der Weise, wie die Reproduktion organisiert wird, folgen im allgemeinen Änderungen in der Weise, wie die Produktion stattfindet. Die einfache Tatsache ist, daß die „Reproduktivkräfte“ nicht die Tendenz zur kumulativen Änderung haben, die man bei den Produktivkräften findet. Die möglichen Weisen, wie man die Zahl der Geburten beschränken könnte, änderten sich kaum von den Gesellschaften der Jäger-Sammler vor 30.000 Jahren bis ins 20. Jahrhundert –Ob diese Mittel angewandt wurden, hing überhaupt nicht vom Bereich der Reproduktion, sondern vom Bereich der Produktion. (Zum Beispiel: Während eine Jäger-Sammler-Gesellschaft dazu gezwungen ist, die Zahl der Geburten einzuschränken, haben viele landwirtschaftlichen Gesellschaften ein Interesse daran, die Zahl der Geburten so hoch wie möglich zu haben.) Die materiellen Umständen, unter denen Kinder aufgezogen werden, ändern sich sicher – aber als Nebenprodukt der materiellen Änderungen, die anderswo in der Gesellschaft stattfinden. [46]

Schließlich ermöglichen diese Überlegungen es uns auch, ein anderes Argument zu widerlegen, dem man manchmal begegnet – die Behauptung, daß alle gesellschaftlichen Verhältnisse „Produktionsverhältnisse“ sind. [47]

Alle Teile einer jeden gesellschaftlichen Struktur schulden ihren ersten Ursprung dem Bereich der Produktion. Aber was Marx ganz zurecht durch sein Reden über den „Überbau“ betonte, war die Tatsache, daß einmal erzeugt einige Teile der gesellschaftlichen Struktur die Wirkung haben, daß sie die Entwicklung anderer einschränken. Der Alte Stand im Widerspruch mit dem neuen. Die alte Form der Staatsorganisation entstand z.B. aus den Bedürfnissen der Ausbeutung zu einem bestimmten Punkt in der Geschichte und hat weitergehende Wirkungen auf die Produktion. Aber sie steht in Widerspruch zu den neuen Verhältnissen, die ständig durch neue Entwicklungen der Produktion aufgeworfen werden. Wenn man sagt, daß alle gesellschaftlichen Verhältnisse „Produktionsverhältnisse“ sind, malt man ein Bild der gesellschaftlichen Entwicklung, das dieses wichtige Element des Widerspruchs ignoriert. [48]

 

 

Basis und Überbau unter dem Kapitalismus. Bislang hat dieser Artikel sich mit dem Verhältnis „Basis-Überbau“ im allgemeinen beschäftigt. Aber es gibt bestimmte Besonderheiten ihres Verhältnisses unter dem Kapitalismus, die einer kurzer Erwähnung wert sind.

Erstens ist die seltsame Wirkung der Produktionsverhältnisse auf die Produktionsverhältnisse. Marx betont, daß für vorkapitalistische Gesellschaften die bestehenden Produktionsverhältnisse dazu neigen, die Produktivkräfte zu verzögern [hemmen]. Unter dem Kapitalismus hängt im Gegensatz das Überleben jedes einzelnen Kapitals davon ab, daß es die zu seiner Verfügung stehenden Produktivkräfte rascher als seine Konkurrenten ausdehnt:

Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftliche Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren. ... Die fortwährende Umwälzung der Produktion, die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände, die ewige Unsicherheit und Bewegung zeichnet die Bourgeoisepoche vor allen anderen aus. [49]

Marx hält, daß der Widerspruch zwischen den Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen immer noch schließlich in den Vordergrund rückt, aber in einer ganz spezifischen Weise.

Das Wachstum der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Menschheit – gesteigerte Produktivität – bedeutet, daß man immer größeren Mengen der vergangenen Arbeit mit jeder Einheit der gegenwärtigen Arbeit kombiniert. Unter dem Kapitalismus nimmt dieses die Form einer Steigerung des Verhältnisses zwischen der Investition und der Arbeiterschaft. Die Investition wächst rascher als die Quelle allen potentiellen Profits, die lebende Arbeit. Trotzdem ist die Triebfeder der Produktion in diesem System die Profitrate, d.h. das Verhältnis des Profits zur Investition.

Der Widerspruch zwischen dem Trieb zur Investition und dem niedrigen Niveau der Profite, die diese Investition aufrechterhalten sollen, findet für Marx Ausdruck in einer wachsenden Tendenz des Systems zur Stagnation, immer größeren Mißverhältnissen zwischen den verschiedenen Elementen der Wirtschaft und immer tieferen ökonomischen Krisen. Für diejenigen von uns, die im 20. Jahrhundert leben, bedeutet es auch eine ständig anwesende Tendenz dazu, daß ökonomische Konkurrenz in den militärischen Konflikt umwandelt, mit der Bedrohung, daß die Produktivkräfte sich in vollentwickelte Vernichtungskräfte verwandeln. [50]

Ein zweiter Unterschied liegt in der Weise, wie unter dem Kapitalismus es nicht bloß einen Konflikt zwischen der Entwicklung der ökonomischen Verhältnisse und den nichtökonomischen Einschränkungen darauf gibt, sondern auch einen Konflikt zwischen verschiedenen Elementen der Wirtschaft, wovon einige von Marx als „grundsätzlicher“ als andere betrachtet werden. Die Quelle des Mehrwerts liegt im Bereich der Produktion. Aber aus diesem Bereich der Produktion wächst eine ganze Reihe Aktivitäten, die mit der Aufteilung dieses Überschusses zwischen verschiedenen Elementen der Kapitalistenklasse zu tun haben – der Kauf und Verkauf von Waren, das Kreditsystem, die Börse usw. Diese nehmen ein eigenes Leben auf in einer Weise, die sich der der verschiedenen Elemente im politischen und ideologischen Überbau ähnelt, und dieses Leben wirkt auf das auf, was im Bereich der Produktion passiert. Trotzdem können sie letzten Endes nicht der grundsätzlichen Tatsache entkommen, daß der Überschuß, worüber sie verfügen, aus der Ausbeutung an der Produktionsstelle entsteht – etwas, das sich im plötzlichen auftreten von konjunkturellen Krisen ausdrückt.

Keiner von diesen Punkten heißt, daß die Unterscheidung zwischen Basis und Überbau unter dem Kapitalismus überflüssig ist. Was es eigentlich heißt, ist, daß es noch mehr Elemente des Widerspruchs in diesem System gibt als in vorherigen. Die konkrete Analyse davon ist die Voraussetzung für Wissen über die Richtung, in die das System sich bewegt, und für die Möglichkeit, eine entschlossene revolutionäre Opposition dazu aufzubauen.

 

 

Anmerkungen

1. Karl Marx, Vorwort, Zur Kritik der Politischen Ökonomie, in Marx u. Engels, Werke (später MEW), Bd.13, Berlin 1964, S.8.

2. Karl Marx, Das Elend der Philosophie, in Marx u. Engels, Ausgewählte Schriften (später MEAW), Berlin 1986, Bd.I, S.287.

3. Karl Kautsky, The Economic Doctrines of Karl Marx, London 1925, S.365.

4. Karl Kautsky, Vorläufer des neueren Sozialismus, Erster Band: Kommunistische Bewegungen im Mittelalter, Berlin 1923, S.365. Eine englische Übersetzung wurde während der 1890er Jahre produziert, aber man kann sie heutzutage kaum finden; was schade ist, da die Schwäche der Kautskyschen Methode ihn nicht daran gehindert hat, interessante historische Studien herzustellen.

5. Karl Kautsky, Ethics and the Materialistic Conception of History, London 1906, S.81.

6. Wie die meisten anderen mechanischen Materialisten konnte Kautsky nicht der eigenen Methode rigide treu bleiben. Manchmal deutet er darauf an, daß die menschliche Tätigkeit eine wichtige Rolle zu spielen hat (wie in seiner Einleitung zum Erfurter Programm, wo er darauf andeutet, daß, wenn „die Gesellschaft die Bürde [des] Systems des Privateigentums der Produktionsmittel nicht abschüttelt“ in der Weise, wie „das evolutionäre Gesetz“ vorschreibt, das System „die Gesellschaft in den Abgrund niederreißen wird“. The Class Struggle, Chicago 1910, S.87.

7. G. Plekhanov, The Role of the Individual in History, in Essays in Historical Materialism, New York 1940, S.41.

8. ebenda.

9. G. Plekhanov, Fundamental Problems of Marxism, Moskau ohne Datum, S.83.

10. ebenda, S.80.

11. The Role of the Individual ..., a.a.O., S.44.

12. Was nicht heißt, daß Plechanow, der oft theoretisch ganz raffiniert war, für die Grobheit der stalinistischen Anwendung seiner Schriften verantwortlich ist.

13. Engels an W. Borgius, 25. Januar 1894, MEW Bd.39, Berlin 1968, S.206. [2*]

14. Engels an Joseph Bloch, 21./22. September 1890, MEW, Bd.37, Berlin 1967, S.463. Vgl. auch seine Briefe an Conrad Schmidt, 27. Oktober 1890 (MEW, Bd.37, S.488ff.) und 5. August 1890 (MEW, Bd.37, S.435ff.) und seinen Brief an Franz Mehring, 14. Juli 1893 (MEW, Bd.39, S.96ff.).

15. s. z.B. die heftige Polemik von E.P. Thompson gegen die Althusserianer, The Poverty of Theory.

16. in New Left Review 3, Mai 1960.

17. s. The Poverty of Theory, S.251-2.

18. s. z.B. seinen Aufsatz Rethinking Chartism, in Language of Class, Cambridge 1983.

19. s. z.B. Norah Carlins Bemerkung: „Die Unterscheidung zwischen Basis und Überbau führt öfter irre, als sie vonnutzen ist“, in Is the family part of the superstructure?, International Socialism 2:26; und Alex Callinicos’ Hinweis, daß die marxistische Methode darin besteht, „von den Produktionsverhältnissen anzufangen und sie nicht als Produktivkräfte zu behandeln, sondern als unabhängig“, in Marxism and Philosophy, London 1983, S.112.

20. G.A. Cohen, Karl Marx’s Theory of History: A Defence, Oxford 1978.

21. s. A. Labriola, Essays on the Materialist Conception of History, und Socialism and Philosophy, Chicago 1918.

22. V.I. Lenin, Collected Works, Bd.38, S.276.

23. s. die Kritik der Position Trotzkis in Isaac Deutscher, The Prophet Outcast, S.240-7.

24. Marx u. Engels, Die deutsche Ideologie, in MEW, Bd.3, Berlin 1978, S.20-1, 28.

25. ebenda, S.21.

26. Labriola, Essays ..., S.155.

27. Marx u. Engels, Die deutsche Ideologie, in MEW, Bd.3, S.21.

28. ebenda.

29. ebenda, S.25.

30. Marx, Theorien über den Mehrwert, Teil I, in MEW, Bd.26.1, Berlin 1965, S.260.

31. Marx u. Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, in MEAW, Bd.I, S.416.

32. Lenin, ???

33. Engels an Joseph Bloch, 21./22. September 1890, MEW, Bd.37, S.463.

34. Marx, Das Elend der Philosophie, in MEAW, Bd.I, S.287–8.

35. Marx, ???

36. Marx u. Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, in MEAW, Bd.I, S.419.

37. ebenda, S.416.

38. Für eine ausgezeichnete Darstellung der Weise, wie aufeinanderfolgende Zivilisationen des Bronzezeitalters in „finstere Zeitalter“ zurückfielen s. V. Gordon Childe, What Happened in History, Harmondsworth 1948, S.134, 135-6, 165.. Für „rückläufige Entwicklung“ im Amazonas s. C. Levi Strauss, The concept of archaism in archaeology, in Structural Anthropology, Harmondsworth 1968, S.107-12.

39. Engels an Joseph Bloch, 21./22. September 1890, MEW, Bd.37, S.463.

40. vgl. C.F. Turnbull, The Mountain People, London 1974.

41. Marx, Das Kapital, Bd.1, Berlin 1977, S.360

42. Marx u. Engels, Die deutsche Ideologie, in MEW, Bd.3, S.76.

43. Das ist der Punkt, den G. Lukacs in Geschichte und Klassenbewußtsein, London 1997, S.66-71, macht.

44. s. die kurze Skizze dieses Prozesses in Lindsey German, Theories of Patriarchy, International Socialism 2:12 [deutsche Übersetzung: Theorien des Patriarchats].

45. So machen viele Theoretikerinnen des Patriarchats, was auch Norah Carlin in Is the family part of the superstructure?, International Socialism 2:26, macht.

46. Norah Carlin schenkt diesen Änderungen große Aufmerksamkeit, denkt nicht aber daran, woher sie stammen. Ihre Ablehnung, die Kategorien „Basis“ und „Überbau“ ernst zu nehmen, hindert sie daran.

47. Das ist das Argument von Simon Clarke, Althusser’s Marxism, in Simon Clarke u.a., One-Dimensional Marxism, London 1980, S.20: „Gesellschaftliche Produktionsverhältnisse erscheinen in spezifischen ökonomischen, ideologischen und politischen Formen.“

48. Simon Clarke landet schließlich beim Versuch, sich auf solche Widersprüche zu beziehen, indem er über „den Ausmaß redet], wozu jedes gesellschaftliche Verhältnis in die kapitalistischen Verhältnisse eingeordnet wird“. Die Ausdrucksweise ist viel schwerfälliger als Marx’ eigene Begriffe „Basis“ und „Überbau“ und läßt einem nicht leicht zwischen den Widersprüchen der kapitalistischen Wirtschaft und anderen Elementen des Widerspruchs, die zu Punkten in der konkreten Geschichte des Systems entstehen, unterscheiden. Alle vom System verursachten Konflikte werden als von gleicher Wichtigkeit betrachtet. Politisch führt das zu einem Voluntarismus, der dem des Postalthusserianerismus sehr ähnelt.

49. Marx u. Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, in MEAW, Bd.I, S.419.

50. Für eine viel vollständigere Entwicklung dieser Ideen s. mein Buch Explaining the Crisis, London 1984.

 

Anmerkungen des Übersetzers

1*. Im Originaltext gibt es hier eine Metapher über Elefanten und Mäusen, die sich nicht wortwörtlich übersetzen läßt.

2*. Dieser Brief wurde von Heinz Starkenburg ohne Angabe des Empfängers veröffentlicht, erhielt deswegen den Namen Brief an Starkenburg.

 


Zuletzt aktualisiert am 30.7.2001